Abgestillt nach 6 Wochen - warum es okay ist, das Stillen aufzugeben

Abgestillt nach 6 Wochen – warum es okay ist, das Stillen aufzugeben

Nach Jonas Geburt habe ich einige meiner Gedanken zum Stillen aufgeschrieben und möchte sie nun zusammengefasst veröffentlichen.
Mittlerweile – Jona ist 5 Wochen alt – habe ich komplett abgestillt und stehe dazu. Für uns hat es einfach nicht funktioniert. Was ich zwar einerseits sehr schade finde, andererseits aber habe ich alles mögliche versucht und mache mir diesmal – ganz anders als beim letzten Mal – keine Vorwürfe.

31. Januar 2017 – Jona ist 7 Tage alt

Ich sitze hier, mit Jona im Arm und frage mich, ob wir es diesmal wohl schaffen, die Sache mit dem Stillen. Diesmal, da war ich mir anfangs absolut sicher, bekommen wir das schon hin. Diesmal war ich informierter, wusste, was auf mich zukommt und war mir bewusst, dass es anfangs oft nicht einfach ist – sowohl körperlich, als auch emotional. Besonders emotional.

Dennoch sitze ich hier und zweifle. Wieder. Jona ist eben an der Br#ust eingeschlafen. Erschöpft nach ewigem Brüllen. Er nuckelt vor sich hin, macht ab und zu die Augen auf, macht seinen Unmut kund und schläft wieder ein, nur um nach ein paar Minuten wieder aufzuwachen. Immer wieder. Seit Stunden. Ich sitze hier, während Lotte lautstark Mama einfordert und frage mich, ob das fair ist, Lotte gegenüber. Sie setzt sich immer wieder zu mir und ich versuche ihr auch stillend vorzulesen, sie zu kuscheln, aber es ist nicht das selbe. Sie will Mama auch mal für sich und das kann ich ihr grad nicht geben, weil Jona den ganzen Tag an der Br#ust hängt. Auch die ganze Nacht, ohne Unterbrechung.

Auf der anderen Seite merke ich, dass ich das körperlich nicht mehr lange durchhalte. Durchhalten kann. Die Naht blutete wieder, tut wahnsinnig weh und meine Hebamme verordnete mir Bettruhe, die ich nicht einhalten kann. Liegend kann ich (noch) nicht stillen, weil ich mit den Schmerzen nicht auf der Seite liegen kann. Das Sitzen geht aber auf die Naht.

Stillstart- läuft

Nach Jonas Geburt habe ich ihn gleich angelegt, was direkt sehr gut klappte. Die Hebamme schaute im Kreißsaal kurz drüber und bescheinigte mir beste Voraussetzungen für das Stillen. Die erste Nacht verbrachte Jona nicht im Säuglingszimmer –  Dank 24-Stunden-Roaming-In und meinem Wissen, wie wichtig diese erste Nacht ist – und so waren auch hier die Bedingungen ganz andere, als bei den anderen beiden Kindern.

die erste Nacht – ich will doch nur schlafen!

Eigentlich war ich nach der Geburt erledigt: Ich war seit 36 Stunden wach, hatte in der Nacht zuvor viele Wehen gehabt, mir viele Sorgen um den Kleinen gemacht und am Ende eine OP hinter mich gebracht. Ich wollte einfach nur noch schlafen.
Auch Jona war erschöpft. Er schlief viel, spuckte aber mindestens genauso viel. Klar, das Fruchtwasser muss ja raus, kennt man. Schon am Abend begann er eindeutig zu zeigen, dass er angelegt werden möchte und das machte ich dann auch. Die ganze Nacht. Non-Stop. Immer im etwa halbstündigen Wechsel, mehrmals übergab er sich dazwischen wieder.

Die diensthabende Hebamme versorgte mich die ganze Nacht über mit Schmerzmitteln und wickelte den kleinen Kerl immer wieder. Im Morgengrauen – ich war bis dahin über 48 Stunden wach – bot sie mir an, zuzufüttern. Wir waren beide absolut erledigt und brauchten Erholung. Der Kleine blieb auch nicht satt und die Hebamme – und Stillberaterin – meinte, er trinke das Kolostrum weg, spucke es wieder aus und dann ist nicht mehr viel da, was ihn satt machen würde.

der Tag nach der Geburt

Ich lehnte ab. Zunächst. Irgendwann am Vormittag, als die (andere) Stillberaterin der Station bei mir gewesen ist, lenkte ich ein. Sie begutachtete, wie ich ihn anlegte und zeigte mir weitere Positionen, um meine Br#ustwarze zu entlasten. Sie half mir, ihn zum Trinken zu animieren und zeigte mir, was ich machen sollte, wenn er nur nuckelte. Ich legte ihn mehrere Stunden lang in kurzen Abständen im Wechsel an beiden Br#üsten an. Als wir über die Schwierigkeiten sprachen, empfahl sie mir, ihn zuzufüttern. Er sei sehr frustriert nichts zu bekommen und schien „gelernt“ zu haben, dass er sich nicht abzumühen bräuchte, weil sowieso nichts käme. Sie brachte mir also Stutenmilch und einen Fingerfeeder. Jona trank 90ml davon, was sie sehr beeindruckte, da die meisten Babys, die ein paar Stunden alt sind, normalerweise höchstens 10ml trinken.

2 Stunden schliefen wir beide – das tat so unheimlich gut! – danach legte ich ihn wieder ausschließlich an. Erst am Abend und später noch einmal in der Nacht bekam er nochmal Stutenmilch. Was die Milchbildung angeht, machte ich mir keine Sorgen: Ich hatte das Kind 20 Stunden an der Br#ust hängen, sollten die 4 fehlenden Stunden diese beeinträchtigen, dann stimmt sowieso etwas nicht.

3. Februar 2017 – Jona ist 10 Tage alt

Probleme, die ich noch nie hatte: Jona schläft, aber die Milchbar platzt. Wird das also doch noch was?

Milcheinschuss und Milchspendereflex

Ich bin mir sicher: Wir bekommen das mit dem Stillen hin. Jona lässt sich gut anlegen. An der Br#ust saugt er intuitiv, ganz anders, als aus der Flasche. Damit kommt er nicht gut klar, dockt schlecht an, braucht ewig um den Unterdruck aufzubauen und verliert ihn zudem ständig.

Seit wir zuhause sind, pumpe ich zusätzlich ab. Bei den Mädels war eins meiner größten Probleme die fehlende Milch. Es wurde einfach nicht mehr. Diesmal ist es anders. Ich bekomme nicht mehr nur 20ml abgepumpt, sondern bis zu 70ml – das ist Rekord! Und meine Br#üste spannen, wenn ich länger nicht gestillt habe.
Dennoch nuckelt Jona immer noch viel. Wenn ich ihn anlege saugt er ein paar Mal kräftig, manchmal sogar gleich ein paar Minuten, dann aber lässt er nach und nuckelt nur noch. Anfangs schlief er gleich wieder ein, aber mittlerweile hat sich das gegeben und er schaut mich aus seinen großen Augen dabei an. Wechsle ich die Seite, geht das Spielchen von vorne los. Bis er irgendwann entweder einschläft, oder direkt nur nuckelt.

In diversen Videos habe ich mir angesehen, wie der Milchspendereflex aussieht und musste feststellen, dass ich ihn bei mir nicht ausgelöst bekomme. Meine Stillberaterin – mit der ich regelmäßig telefoniere – erzählte, dass das sehr selten sei, aber durchaus vorkommen könne.

mein Stillen 3.0: Ich hab abgestillt!

10. April 2017 – Jona ist 17 Tage alt

Das Stillen tut immer noch weh. Egal, wie ich ihn anlege. Mittlerweile auch darüber hinaus, unabhängig davon, ob ich abpumpe oder ihn anlege. Die Hebamme sagte, Stillen dürfte nicht weh tun, wenn ich ihn richtig anlege. Am Anlegen hat sie aber nichts auszusetzen und weiß auch nicht so recht, was ich noch anders machen soll.

In der letzten Woche sank die abgepumpte Milchmenge immer mehr und sowohl Stillberaterin, als auch Hebamme sind sich einig, dass es scheinbar dem Ende zugeht. Ich will das nicht akzeptieren und versuche nun noch einmal die Milchmenge zu steigern.
Nachdem es zuletzt besser gelaufen war, pumpte ich nur noch ab, wenn ich gestillt hatte oder Jona schlief und ich einen unangenehmen Druck verspürte. Nun pumpe ich alle 2 Stunden ab, aber bisher geht die Milchmenge dennoch immer weiter runter. Ich schaffe nur noch 10-15ml pro Abpumpvorgang. Das frustriert, ist Zeit raubend und wenig produktiv.

17. Februar 2017 – Jona ist 24 Tage alt

Ich hab die gesamte letzte Woche 2-stündlich abgepumpt, Jona angelegt, Br#ustmassagen gemacht, Tee und Malzbier getrunken und nehme heute den 9. Tag Bockshornkleesamenkapseln – aber die Milchmenge steigert sich einfach nicht. Das ist so frustrierend!
Die Hebamme sagt immer „Die Basis muss stimmen!“. Ich soll viel schlafen, ausreichend essen und genügend trinken. Darauf hab ich in der letzten Woche besonders geachtet und es hat sich nichts getan. Beim heutigen Telefonat mit der Stillberaterin riet sie mir abzustillen. Ich könne zwar weiter abpumpen und alles so beibehalten, aber sie habe wenig Hoffnung, dass sich das nochmal positiv auswirkt. Sie berichtet davon, dass es Frauen gibt, die nur in den ersten Wochen ausreichend Milch für ihr Baby haben und dann von selbst abstillen. Es sei zwar selten, aber durchaus vorkommend – auch wenn das selten zugegeben werde.

Abstillen – ich bin durch

Ich lasse ihre Worte sacken. Es tut weh, auch dieses Mal keine Stillbeziehung zu meinem Baby aufbauen zu können. Es ist frustrierend, alles versucht zu haben und es dennoch nicht zu schaffen. Und es ist wahnsinnig zeitraubend und aufwändig mit 3 Kindern dauernd abzupumpen. Zumal das Ergebnis auch nochmal frustriert.
Erst überlege ich dennoch, inwiefern ich das weiter durchziehen kann und will. Ich lese Berichte von Müttern, die einen langen Weg für das Stillen gingen und lange für eine gute Stillbeziehung kämpften. Teilweise ist von Monaten die Rede. Ich überlege, befrage mein Gefühl und hinterfrage meine Beweggründe. Am Ende entscheide ich mich gegen diesen weiten Weg, denn er ist für uns als Familie nicht gangbar. Ich bin körperlich am Ende, muss auch für die anderen Kinder da sein und funktionieren. Ich beschließe abzustillen und mit dem Thema abzuschließen.

19. Februar 2017 –  Jona ist 26 Tage alt

Abgestillt, einfach so! Ich brauchte keinen Tee, keine Tablette, keine Wickel – nichts! Am vergangenen Wochenende hat es sich einfach von selbst abgestillt. Die Hebamme sagte, ich solle nur noch abpumpen wenn es unangenehm wird. Am Samstag musste ich zweimal abpumpen. Heute erübrigte es sich ganz.
Die Stillberaterin erklärte mir, dass das unüblich sei. Normalerweise ist der Abstillprozess ein längerer, besonders dann, wenn zuvor alle 2 Stunden abgepumpt und das Baby zusätzlich noch angelegt wurde. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mich nur trösten wollte, sehe aber die Logik hinter ihrer Aussage.

Heute

Wenn ich mir mein Stilltagebuch durchlese, bin ich wehmütig. Wie gerne hätte ich zumindest eine schöne Stillbeziehung zu Jona gehabt, wenn schon die Geburt erneut in einem Kaiserschnitt geendet ist. Stillen war so ein Luxus, besonders nachts und ich vermisse das innige Kuscheln mit meinem Sohn. Dennoch stehe ich hinter meiner Entscheidung und werfe mir nichts vor. Ich habe alles dafür getan und ausprobiert, um das Stillen doch nochmal hinzubekommen. Am Ende hat es nicht geklappt. Und selbst wenn ich etwas falsch gemacht haben sollte: Ich bin den Weg gegangen, der mir körperlich und emotional möglich war. Ich bin ständig über meine Grenzen gegangen, habe nicht auf meinen Körper gehört und wollte es so un-be-dingt schaffen, dass ich alles andere hinten an gestellt habe. Dennoch hat es nicht gereicht. Das ist okay.