Talymiau – Mutter eines Sohnes

Talymiau ist 31 Jahre alt und hat einen 3-jährigen Sohn.
Während der Schwangerschaft machte sie sich keine Gedanken über alternative Geburtsmodi, doch als sich ihr Sohn bei einer Routineuntersuchung in Beckenendlage zeigte, musste sie sich  plötzlich mit dem Thema Kaiserschnitt auseinander setzen. Und selbst als der Termin für die OP fest stand, machte ihr Sohn es nochmal spannend und setzte sein Geburtsdatum selbst fest.

Talymiau kam nach einer Zeit der Gewöhnung gut mit dem Verlauf zurecht, schwierig machen es aber häufig die anderen. Wenn die Kaiserschnitt-Geburt abgewertet oder angedeutet wird, es sei keine echte Geburt gewesen.

Interview mit Talymiau: 3D Ultraschall vom Mini

Wie war das für Dich, als Dir die Ärzte sagten, dass Dein Sohn in Beckenendlage liegt?

Als mein Arzt mir sagte, das unser Baby sich in BEL gedreht hatte, war ich zwar leicht irritiert aber noch nicht besorgt. Da war ich in der 28. Schwangerschaftswoche.
Er würde sich bestimmt bald wieder zurück drehen, schließlich lag er ja schon mal richtig rum. Auch mein Frauenarzt war entspannt, noch war genug Zeit.
Bis dato hatte ich gar nicht auf dem Schirm, das es eventuell ein Kaiserschnitt werden könnte. Ein paar Tage nach diesem Termin allerdings, fing ich an mir Gedanken zu machen.
Ich las viel und versuchte mich mental für den Fall der Fälle vorzubereiten. Emotional keine einfache Sache.

Als der Geburtstermin immer näher rückte und er sich nicht in Schädellage drehte, wie kamst Du damit zurecht, dass es nun wirklich auf einen Kaiserschnitt hinaus laufen würde?

Ich hatte große Angst, dass es für ihn schlecht ist, so geboren zu werden, ohne Vorwarnung aus dem Mutterleib gerissen, ein “geplanter Geburtstag“ keine Aufregung wann es losgeht, keine Wehen fühlen können…
Ich fühlte mich so vieler Dinge beraubt.
Zur Anmeldung im Krankenhaus lag er weiterhin in BEL. Das Gespräch verlief daher leider ziemlich unschön. Ich wurde nach meinen Wünschen und Vorstellungen zur Geburt gefragt. Als ich anfing, zu erzählten, das er noch falsch herum liegt, war das Gespräch beendet, bevor es angefangen hatte.

Die Hebamme rief die Ärztin, diese packte ihren Kalender aus und schlug einen Termin vor. Das wars, wir konnten gehen.
Ich war verärgert, erstens weil er sich immer noch nicht gedreht hatte, und zweitens weil ich bei der Anmeldung so abgefertigt wurde.
Ja, ich wusste das Krankenhaus macht keine Geburten aus Beckenendlage. Aber ein einfühlsames Gespräch oder ein “Was wäre wenn er sich dreht?“ hätte ich mir gewünscht.
Leider waren ich und mein Mann vom schnellen Verlauf des “Gespräches“ so überfahren, dass ich gar nichts sagte und wartete, bis die Ärztin kam.

Ich las danach noch viel mehr zum Thema BEL. So kam ich etwas mit der Situation zurecht.
Langsam konnte ich es besser annehmen und mir über meine Wünsche klar werden. Ich traute mir keine Geburt aus Beckenendlage zu. Äußere Wendung fiel auch weg. Es gab einen Grund warum unser Kind so lag (welcher das auch immer gewesen sein mag), und ich fühlte mich zunehmend unwohl, ihn aus dieser Position zu drängen. Das half mir sehr, alles so zu nehmen, wie es war.

Verlief die Geburt dann so, wie Du sie Dir vorgestellt hast? Wie war die Geburt für Dich?

Nein, es kam ganz anders als ich es erwartet habe.
Ich war felsenfest davon überzeugt, dass er am festgesetzten Kaiserschnitt-Termin geholt werden würde, schließlich war dieser noch vor ET.
Doch 3 Tage vor diesem Termin fühlte ich mich beim Aufstehen schon unwohl. Wir waren auf eine Kommunionsfeier eingeladen und ich schleppte mich durch den Tag. Am Abend hatte ich starke Senkwehen, dachte ich jedenfalls. Es brauchte einige Stunden, bis mir klar wurde, dass es Wehen sein könnten.
Ich wartete noch etwas, vielleicht würde es wieder aufhören, morgen stand sowieso die nächste Vorsorge beim Frauenarzt an.

Die Wehen wurden dann aber so stark, dass ich auf keinen Fall mehr liegen konnte, also ging ich schnell Duschen, packte alles ein und weckte den Mann, damit wir ins Krankenhaus fahren konnten. Kurz bevor wir die Haustür verließen, sprang die Fruchtblase und ich stand in einer großen Pfütze.
Im Krankenhaus angekommen (Muttermund schon 6 cm offen) ging alles recht schnell, CTG, Ultraschall, Zugang und Blasenkatheter legen.
Weil das Vorgespräch zum Kaiserschnitt noch nicht stattgefunden hatte, musste man es jetzt führen. Unter Wehen gar nicht so einfach. Die Ärztin verkündete, dass sie mir nun alles vorlesen würde, sollte eine starke Wehe kommen, würde sie pausieren.
Gesagt, getan. Bis heute weiß ich allerdings nicht, was sie da vorgelesen hat.
Ich war zu aufgeregt, zu viele Wehen, der Mann war so nervös dass ich ihn fast mehr als mich selbst beruhigen musste.
Kurz drauf waren wir auch schon im OP.
Die von so vielen gefürchteten PDA war fast schmerzlose, ich fühlte ein kurzes Stechen, Druck und schon kribbelte mein rechtes Bein und wurde taub.
Die Geburt war, obwohl sie in einem OP-Saal war, ganz wunderbar. Das Team war ruhig und freundlich, die ganze Atmosphäre war entspannt.

Interview mit Talymiau: der frisch geborene Mini nach dem Kaiserschnitt

Als der Mini geboren war, kam er direkt zu mit auf die Brust. Ich hatte eine Art Bauchband um, in dieses stecken sie ihn rein, damit er nicht von mir herunterfallen konnte. Er hörte sofort auf zu weinen und wir waren überglücklich.
Ich war so froh darüber, dass er trotz Kaiserschnitts direkt zu mir konnte. Hätte ich ein sauberes, angezogene Baby bekommen, wären meine Gedanken zur Geburt heute bestimmt nicht so positiv.

Interview mit Talymiau: der frisch geborene Mini nach dem Kaiserschnitt

Warst Du danach schnell wieder fit, oder hat das Zeit gebraucht?

Ich hatte in der Schwangerschaft oft gelesen, dass es bei einem Kaiserschnitt wichtig ist, so schnell wie möglich wieder aufzustehen.
Diesen Plan verfolgte ich ehrgeizig und fragte die Schwestern am Mittag, wann ich es versuchen darf. Um 4:33 Uhr kam der Mini zur Welt, am späten Nachmittag lief ich meine erste Runde ums Bett. Montag früh kam er, Donnerstag mittag war ich schon Zuhause.
Die nächsten Tage wurde es immer besser, sodass ich wirklich schnell wieder recht fit war. Die Schmerzen waren auszuhalten, die Naht schön und heute, drei Jahre später, fast unsichtbar.

Viele Kaiserschnitt-Mütter berichten von negativen Rückmeldungen im Familien- und Freundeskreis, musstest Du auch solche Erfahrungen machen?

Ja leider, zum Glück nicht innerhalb der Familie. Meine Mama hatte selbst drei Kaiserschnitte, dem Rest der Familie war es egal, wie das Baby geborgen wurde, Hauptsache wir waren alle wohlauf.
Schwieriger war es in den Kursen, die man so mit Baby machen kann. Da erzählt man natürlich grade zu Anfang seine Geschichte, wenn ich sagte, dass es ein Kaiserschnitt war, gab es mitleidige Blicke, tröstende Worte oder unsympathisches Auftrumpfen über “richtige“ Geburten ohne Schmerzmittel, tagelangen Wehen.

Auch das Abwerten der Schmerzen beim Kaiserschnitt empfand ich als unangebracht. Es tut weh, auch wenn es keine natürliche Geburt ist. Ich kam damit zwar gut zurecht aber ein Spaziergang war es trotzdem nicht.
Es wäre wirklich schön, wenn mehr Frauen daran glauben könnten, das auch ein Kaiserschnitt eine schöne und echte Geburt sein kann, so wie die unseres Sohnes.

Vielen lieben Dank für das Interview, liebe Talymiau! 

Mehr über Talymiau und ihr buntes Familienleben? Hier findest Du sie im Web!