In Patchworkfamilien ist ja es allgemein üblich, dass Kinder beim jeweils anderen Elternteil Wochenenden und Teile von Ferien verbringen. Bei uns nicht. Zumindest nicht in der üblichen Regelmäßigkeit, wie sie sonst bekannt ist. Es gab hier noch nie eine 14-Tage-Regelung. Keine halbe-Ferien-Abmachungen. Die große Tochter war alle paar Wochen, manchmal sogar Monate, mal beim Papa. Meist ein Wochenende. Manchmal auch eine ganze Woche in den Ferien. Mehr aber auch nicht.

Allein erziehend – allein eben

Das war immer ein Umstand, der mich sehr traurig machte. Als die Tochter noch klein war, fehlte mir so natürlich Ich-Zeit. Ich war Mama. Immer. 24/7. Ohne Pause. Das zehrt mit einem dauerkranken Kind, einer Ausbildung in der Endphase, bei finanziellen Engpässen, einem nächtlichen Zweitjob und der emotionalen Dauerbelastung an den Nerven. Sehr.
Daher war ich immer unglaublich froh, wenn der Vater ankündigte, er habe mal ein Wochenende Zeit und könne unsere Tochter mitnehmen. Das waren dann Tage, an denen ich nach der Nachtschicht in der Kneipe auch noch ausschlafen konnte. Tage, an denen ich die Bude auf Vordermann bringen konnte, ohne dass ein Kleinkind ständig dazwischen funkte. Tage, an denen ich mal meine Hausaufgaben machen und für Klausuren lernen konnte. Oder sogar Tage, an denen ich mit Freunden weg gehen konnte. Krassgeile, aber wahnsinnig seltene ICH-Tage.

Keine Beziehung zum Papa

Natürlich machte mich aber nicht nur die fehlende Ich-Zeit traurig. Viel schlimmer war es für mich zu ertragen, dass die Tochter sich ihrem Vater gegenüber nie stark verbunden fühlte. Es gab Zeiten, da holte er sie häufiger ab und sie freute sich immens. Doch diese Zeiten waren immer nur kurze Phasen, die von unserer Tochter dann natürlich entsprechend vermisst wurden, wenn sie ausblieben. Sie weinte viel, wollte zu ihm und entfernte sich dann wieder von ihm. In den letzten 3 Jahren fragte sie eigentlich gar nicht mehr nach ihm. Mehrmals im Jahr war sie ein Wochenende bei ihm, doch sie rief mich immer an. Einmal verbrachte sie eine Woche ihrer Sommerferien bei ihm. Und in den letzten Herbstferien weinte sie bitterlichst, als sie erfuhr, dass sie eine ganze Woche zu ihm muss, weil ich mich auf die Abiturprüfungen vorbereiten wollte. Sie rief häufig an, weinte teils und freute sich, als sie endlich, endlich nach Hause durfte.

Patchwork – läuft es an?

Daher überraschte es mich ungemein, als sie Anfang März fragte, ob sie am folgenden Wochenende zu ihrem Papa dürfte. Sie klärte das mit ihm ab und war dann auch weg. Erst vermutete ich, es könne an der dicken Luft Zuhause liegen, denn sie hatte vorher ziemlich großen Mist gebaut und Handyentzug, Verabredungs- und Medienverbot. Aber nach dem Wochenende bei ihm fragte sie noch als er sie zurück brachte, ob sie am darauf folgenden Wochenende nochmal zu ihm dürfe, was ich freudig bejahte. Als sie von dem Wochenende zurück kam, wollte sie wissen, ob sie auch in den Osterferien zu ihm dürfe und wollte statt der zunächst abgemachten 5, gleich 8 volle Tage da bleiben. Auch hier wieder große Augen meinerseits, denn ich musste an die Herbstferien und ihre Tränen denken – aber natürlich sagte ich auch hier ja.
In den 8 Tagen rief sie exakt zweimal an, ganz ohne Tränen oder irgendwas. Es waren recht kurze Gespräche, bei denen sie erzählte, was sie mit und beim Papa gemacht hatte und von den Planungen für die darauf folgenden Tage berichtete. Gute Nacht gewünscht, schöne Grüße bestellt und bis zum nächsten Mal verabschiedet. That’s it.

Nicht nur das, auch plante sie eine Verlängerung des Aufenthalts, was allerdings nicht ging, weil die Freundin des Papas nach den Ferien Prüfungen hat und noch ein wenig lernen wollte. Allerdings kam er am folgenden Wochenende vorbei und sie gingen hier (!) schwimmen. Am letzten Wochenende war sie wieder bei ihm und in 14 Tagen ist der nächste Besuch geplant. Wie krass ist das denn bitte? Nicht nur, dass die große Tochter plötzlich sehr gerne zu ihm fährt und sich darauf freut mit ihm Zeit zu verbringen, auch macht er das mit, lädt sie ein bzw. holt sie eben auch öfter ab (statt mit der weiten Strecke zu argumentieren!) oder kommt sogar nur für einen Schwimmbadausflug hierher! Er sagte ihr, sie könne jederzeit zu ihm kommen, wann immer sie mag. Und das ist etwas, was mich wahnsinnig freut. Das ist nicht selbstverständlich. Das war nämlich noch nie so. Nie, nie, nie!

Und ich? Ich finde das total toll! Schon lange nicht mehr wegen der Ich-Zeit, die hat man bei einer 10-jährigen Tochter einfach auch so öfters. Aber eben, weil ich mir immer wünschte, dass unsere Tochter auch zu ihm eine Bindung hat. Papa ist schließlich genauso wichtig, wie Mama es ist! Und jetzt, nach all den Jahren erfüllt, sich plötzlich dieser Wunsch.

Die Tochter meldete bisher an, dass sie am liebsten jedes Wochenende zu ihm möchte. Da sie ja nun einmal ihren Lebensmittelpunkt hier hat, habe ich da nichts gegen, sofern wir nicht selbst etwas planen. Das ist aktuell ein guter Weg für uns und ich bin sehr gespannt, ob es nun so weiter geht und wie sich das entwickelt.