Am Montag dachte ich auf dem Rückweg von der Kinderklinik, der Tag sei gelaufen – ich konnte ja nicht ahnen, dass uns an diesem Tag noch ein simpler Abschleppvorgang so viel Ärger einbrocken würde. In der Klinik jedenfalls gab es einige nicht so tolle Nachrichten bzgl. Lottes Erkrankung, ich war schlecht gelaunt und freute mich auf den restlichen Tag mit den Kindern. Nach der tränenreichen Blutentnahme wollte ich Lotte nicht mehr, wie ursprünglich geplant, in den Kindergarten bringen.

Zuhause angekommen machte sich der Mann ad hoc auf den Weg zur Schule. Ein Vortrag wollte gehalten werden und überhaupt sind Fehltage nicht so super.
Ich lenkte mich von den schlechten Nachrichten ab, spielte mit den Kindern, machte etwas Haushalt und wuselte halt so vor mich hin. Bis mein Handy klingelte.

eine Panne

Mo war dran. Zerknirscht beichtete er, dass er liegen geblieben sei und sein Wagen eine Panne habe. Er fürchtete, dass es ein Motorschaden sein könnte und wir den Wagen verschrotten können. Ich ärgerte mich total. Endlich hatte sich alles schön eingespielt. Die Kinder sahen den Mann abends und teilweise sogar auch noch morgens. Ohne Zweitwagen würde sich das wieder ändern.

Wir sprachen kurz darüber, was jetzt zu tun ist und er wollte beim gelben Engel anrufen. Kurz darauf meldete er zurück, dass die ein Weilchen bräuchten und das für Nicht-Mitglieder ziemlich teuer würde. Wir beschlossen, dass ich ihn holen fahre und wir schauen, ob ich den Wagen sonst zumindest von der Autobahn abschleppen kann.

Eine Stunde später war ich mit den Kindern am Geschehen. Wir besprachen, ob wir das Auto dort stehen lassen oder es von der Autobahn schleppen. Rein rechtlich darf es dort nicht stehen bleiben.

Ich registrierte das Schild, dass die nächste Ausfahrt in 1100 Meter sei, aber ebenso, dass das Auto direkt am Ende der Standspur stand, bzw. war diese direkt vor seinem Auto gesperrt. Das machte mir ein bisschen Sorgen, weil ich eigentlich gehofft hatte auf der Standspur zumindest kurz anrollen lassen zu können, bevor es auf der Autobahn weiter ginge. Zumal diese Stelle gut befahren war und reger Verkehr herrschte.

ein Abschleppvorgang

Da Mo zur Schule fuhr, hatte er seine Unterlagen im Auto und sah nach, ob es rechtlich in Ordnung ist, das Auto selbst abzuschleppen. § 15a der StVO besagt, dass ein Abschleppvorgang erlaubt ist, die Autobahn aber bei der nächsten Abfahrt verlassen werden muss. Außerdem müssen beide Fahrzeuge das Warnblinklicht einschalten.

Bevor wir losfahren konnten, musste Jona nochmal etwas Milch trinken, weil er unruhig wurde. Derweil sprach ich mit Mo über die Freisprecheinrichtung.

Wir warteten auf eine ausreichend große Lücke im Verkehr und dann ging es los. Zum Glück klappte das Anfahren deutlich besser, als befürchtet und ich war froh, als uns die ersten Autos und Lastwagen überholten.
Die größte Herausforderung war, das Abschleppseil auf Spannung zu halten. Besonders bei den Bodenwellen an der direkt folgenden Brücke. Nach der Brücke war ich froh, dass uns nur noch wenige hundert Meter von der Ausfahrt trennten.

ein LKW-Unfall

Ich behielt den rückwärtigen Verkehr im Blick und konnte gar nicht fassen, als ich sah, wie sich das Unglück anbahnte. Es waren nur Sekunden, aber ich sah noch, wie ein roter LKW immer näher kam und einfach nicht bremste. Kurz schoss mir durch den Kopf, was ich tun kann. Ausweichen? Aber dann reißt das Seil vermutlich! Bremsen würde es nur noch schlimmer für Mo machen. Ich gab etwas mehr Gas, aber dann knallte es schon hinter mir.
Mos Auto wurde seitlich auf mein Auto geschoben, es knallte erneut, dann geriet er auf die Überholspur, wurde aber direkt wieder zurück geschoben.
Ich bremste, hielt auf dem Seitenstreifen, schaute nach den Kindern und rannte dann zu Mo. Er ist zwischen LKW und meinem Auto eingequetscht worden, ich hatte solche Angst, dass ihm Schlimmeres passiert sein könnte!

Zeitgleich kamen der Unfallverursacher, ein Autofahrer und ein anderer LKW-Fahrer angerannt, halfen Mo aus dem Wagen. Er konnte aussteigen, blutete nicht – war augenscheinlich nicht verletzt. Puuh!

Der Autofahrer benachrichtigte die Polizei, welche innerhalb weniger Minuten da war. Ein paar Kilometer vor Mos Panne war schon ein LKW liegen geblieben, der Stau hatte sich bereits aufgelöst und die Feuerwehr war soeben fertig mit den Bergungsarbeiten. Daher waren sie in kürzester Zeit bei uns.

Mo bekam direkt eine Halskrause, ich sagte, mir täte nichts weh, was so nicht ganz stimmte. Aber ich zitterte noch total, beruhigte die aufgelösten Kinder und konnte so ein Ding grad einfach nicht gebrauchen.

Es folgte die Unfallaufnahme durch die Polizei. Seltsamerweise sprach kaum jemand mit uns. Kurz fragte ein Polizist Mo, ob alles okay sei, ob die Kinder in Ordnung seien, dann beschäftigte er sich mit dem LKW-Fahrer.

Später kam er zu mir, wollte unsere Papiere haben und ließ sich den Abschleppvorgang sowie den Unfallhergang erklären. Dabei sagte er mir, ich hätte auf der Autobahn nicht abschleppen dürfen, weil ich mindestens so schnell fahren müsse, wie es ein LKW darf. Außerdem hätte ich die Standspur benutzen sollen. Beide Aussagen verunsicherten mich erstmal sehr, weil sie so im Gesetz nicht stehen (!), ich fragte noch nach, aber er sagte nur, ich könne sowas doch nicht machen.

Die Aufnahme des Unfalls und das ganze Drumherum dauerten eine ganze Weile. Am Ende wurden unsere beiden Autos abgeschleppt – auch das Familienauto ist ein Totalschaden – und sowohl Mo, als auch ich fuhren mit dem Krankenwagen ins nächstgelegene Krankenhaus. Da Mo keine Schmerzen hatte, wurde er nicht geröntgt. Ich hatte (und habe) Kopf-, Nacken-, Rücken- und Schulterschmerzen. Anfangs war mir nur übel (da schob ich es noch auf den Schreck), später kam auch noch Schwindel dazu. Beim Röntgen wurden geradegerichtete Wirbel festgestellt. Nichts dramatisches, aber schmerzhaft.

Einen Tag später ging es mir abends dann richtig mies, ich dachte erst, ich hätte mich irgendwo mit einem Magen-Darm-Virus infiziert, aber das kommt lt. Arzt auch noch vom Unfall. Schleudertrauma und Gehirnerschütterung, na prima!

Die Kindersitze können müssen wir nun entsorgen. Dem aufnehmenden Polizist habe ich mehrfach gesagt, er möge sie bitte mit ins Protokoll aufnehmen, aber mehr als „die Kinder waren ordnungsgemäß in dafür vorgesehenen Kindersitzen angeschnallt“ wollte er nicht aufnehmen. Das Protokoll selbst können wir noch nicht einsehen, da die Polizeibehörde noch eine Strafanzeige prüft (WTF?). Da bin ich gespannt, was das Ergebnis sein wird.

Wir haben zwischenzeitlich einen Anwalt kontaktiert, der sich der Sache annimmt. Er jedenfalls sieht uns im Recht.

Dankbarkeit – ganz große

Schon direkt nach dem Unfall war ich überwältigt davon, was alles hätte passieren können, aber das volle Bewusstsein dafür kommt erst nach und nach.

Mos Auto geriet beim Unfall auf die Überholspur. Dass er dort mit keinem weiteren Auto oder gar LKW kollidierte lag nur daran, dass der Unfallverursacher einen Anhänger hatte, der ebenfalls auf diese Spur ausscherte. Der nachfolgende Verkehr bremste also schon vorher. Ich mag mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn der LKW keinen Anhänger gehabt hätte. Oder noch später gebremst hätte. Oder, oder, oder…

Ich bin wirklich dankbar, dass den Kindern nichts passiert ist – für diese Art Unfall ist der Reboarder natürlich genau der falsche Sitz – und dass Mo nur eine Gehirnerschütterung und ein Schleudertrauma hat. Das hätte noch so viel schlimmer ausgehen können!