Wenn ich andere Eltern nach dem optimalen Altersunterschied frage, bekomme ich so unterschiedliche Antworten, wie es unterschiedliche Menschen, Familienkonstellationen und Bedürfnisse gibt: Für die einen ist ein Jahr ideal, andere finden zwei bis vier Jahre perfekt und wieder andere sind mit sechs Jahren sehr zufrieden. Selten bis gar nicht wurden mir zehn Jahre empfohlen.
Nun ist es so, dass zwischen meinen beiden Töchtern ein Altersunterschied von über zehn Jahren liegt. Eine ganze Dekade also. Geplant habe ich das immer ganz anders. Aber wie das eben so ist, schreibt das Leben seine eigene Geschichte, während man selbst noch Pläne schmiedet. Erst passte der Partner nicht, dann fehlte er, und später wollte ich einfach andere Dinge abschließen, bevor es an die Familienplanung mit dem Mann gehen sollte. Dann aber entschieden wir uns bewusst für das 2. Kind im Studium, weil alles andere inakzeptabel gewesen und der Altersunterschied der Kinder noch größer geworden wäre.

Vor- und Nachteile von 10 Jahren Altersunterschied

Auf der einen Seite hat dieser große Altersunterschied einige Vorteile. Ich habe keine zwei Wickelkinder und es ist auch schon einige Zeit vergangen, seit ich zuletzt wickeln musste. Die Große ist schon ziemlich selbstständig und ich kann die Babyzeit der Kleinen wundervoll genießen, mich auf ihre Entwicklung konzentrieren und sie so ideal begleiten.

Außerdem ist das Konfliktpotential der beiden Mädchen aktuell, und vermutlich auch in der Zukunft, sehr gering, da sie einfach auf sehr unterschiedlichen Entwicklungsstufen stehen (Stichwort Spielzeug teilen). Auch schläft die Große schon lange durch und in ihrem eigenen Zimmer, sodass wir Eltern der Belastung der nächtlichen Versorgung durch nur ein Kind ausgesetzt sind. Einer der wohl größten Vorteile aber musste erst reifen, da sich die Große nicht direkt an die Kleine rangetraut hat: Sie kann die Kleine auch mal bespaßen, während ich das Fläschchen zubereite oder mal schnell unter die Dusche springe.

Auf der anderen Seite sind da auch einige Nachteile zu bedenken gewesen. Eben weil die Große schon so selbstständig ist, mussten wir viele Freiheiten aufgeben. So ist ein gemeinsamer Kinogang (ohne Fremdbetreuung für die Kleine) für lange Zeit gar nicht möglich. Aber auch Unternehmungen sind schwer zu realisieren, weil die Bedürfnisse der Kinder sehr unterschiedlich sind. Die Große möchte immer Action, am liebsten jedes Wochenende. Der Kleinen hingegen ist Trubel schnell zu viel, sie überreizt, kann nicht abschalten und verarbeitet dann spätestens nachts die gewonnen Eindrücke des Tages ziemlich heftig. Somit muss auch die Große Freiheiten aufgeben, was ihr natürlich nicht so gut gefällt. So ist das Mädchen sehr empfindlich was Lautstärke angeht, besonders wenn sie schläft und die Große muss immer Rücksicht nehmen, leiser sein und diesbezüglich zurück stecken.

Außerdem musste ich wieder komplett von vorne anfangen. Abgesehen davon, dass Einrichtung, Kleidung und Babyutensilien gar nicht mehr vorhanden waren und wir alles neu anschaffen mussten, war es auch eine ziemliche Umstellung, mich wieder auf ein so kleines Baby einzustellen, da die Große im Prinzip aus dem Gröbsten raus ist.
Zwar ist an sich wenig Raum für Konflikte da – z.B. Streit um Spielzeug etc. – doch umgekehrt sind die beiden auch sehr weit auseinander, haben sehr unterschiedliche Interessen und ich bezweifle, dass sie eine so enge Bindung haben werden, wie sie Geschwister bei einem z.B. 2-jährigen Altersunterschied zueinander haben (können).

10 Jahre Altersunterschied

unser Alltag mit dem großen Altersunterschied

Ich muss zugeben, im ein oder anderen Punkt habe ich es mir ganz anders vorgestellt.
Mit Eifersucht der Großen zum Beispiel habe ich gar nicht gerechnet. Ich weiß schließlich, wie ich das auffangen bzw. umgehen kann. Sie einbinden, das nahm ich mir natürlich vor. Doch was, wenn sie gar nicht so recht eingebunden werden möchte? Das habe ich nicht bedacht. Am Anfang hat sie das Mädchen zwar sehr süß gefunden und auch ein-, zweimal auf den Arm nehmen wollen, mehr wollte sie aber nicht, traute sie sich nicht zu. Manchmal legte sie sich zu ihr, bestaunte und streichelte die winzigen Händchen, doch meist hielt sie Abstand. Lag es an der Bauchwehzeit? War die Situation mit dem kleinen Baby einfach zu viel? Hat sie das überfordert? Ich tastete mich immer mal wieder heran, aber eine richtige Antwort gab es irgendwie nie. Es schlich sich einfach ein, dass sie mehr und mehr am Mädchen kuschelte, sie immer häufiger auf den Arm nehmen wollte und sich schlussendlich auch traute, sie selbst aufzunehmen – das war nach etwa 4,5 Monaten der Fall. Und das war auch der Moment, in dem sich das Verhältnis komplett geändert hat. Plötzlich geht die Große sehr selbstverständlich mit dem Mädchen um. Tröstet, wenn sie traurig ist. Nimmt sie hoch, wenn sie nicht liegen mag. Spielt und tobt, wenn sie beschäftigt werden möchte. Die Berührungsängste haben sich verflüchtigt. Und ich bin froh drum. Sehr. Ich kenne meine große Tochter und weiß, wenn ich sie gedrängt hätte, hätte das zwar etwas an der Situation, nicht aber an den Gründen geändert – welche auch immer es gewesen sein mochten. Die Große ist jemand, der – besonders uns Eltern gegenüber – die Erwartungen der Anderen zu erfüllen versucht. Oft gegen ihr eigenes Gefühl und gegen die eigene Überzeugung. Im Freundeskreis ist das nicht der Fall, aber Erwachsenen gegenüber bemüht sie sich dahingehend immer sehr. Daher habe ich gehofft, dass sie einfach Zeit und viele kleine, unauffällige Ermutigungen braucht und es sich dann von alleine gibt.

Anders ist es mit der Eifersucht. Zwar versuche ich sie nach wie vor immer mal einzubinden, mit ihr alleine unterwegs zu sein und die Zeit, die sie exklusiv mit mir hat, auch intensiv zu nutzen, trotzdem kommt immer mal wieder ein Vorwurf. „Um das Mädchen kümmerst Du Dich viel mehr!“, „Wenn das Mädchen grad weint, kann ich Dir gar nichts erzählen!“, „Immer muss es leise sein, wenn das Mädchen schläft!“, „Wir unternehmen gar nicht mehr so viel, seit das Mädchen da ist!“ – Ich erkläre einfühlsam und sie versteht es auch, rein intellektuell, aber nicht emotional. Es ist immer wieder ein Spagat, die Bedürfnisse des Babys zu erfüllen und gleichzeitig auch der Teenagertochter möglichst nichts zu verwehren, was zuvor problemlos ging. Um 18 Uhr von der Freundin abholen? Eher schlecht, wenn der Mann nicht da ist. Gemeinsam Schwimmen gehen? Mit dem Minibaby erst später. Ein Tagesausflug nach dem anderen? Weniger ist mehr. …

Tatsächlich wäre mir ein kleinerer Altersunterschied lieber gewesen, da bin ich ehrlich. Das lässt sich nun aber nicht mehr ändern, deshalb machen wir aus der Situation eben das beste. In den Ferien zum Beispiel haben wir mehrere Ausflüge getrennt gemacht. Mal war der Mann mit der Großen und ihrer Freundin schwimmen. Dann war ich mit ihnen shoppen und im Kino. Gemeinsam waren wir im Kölner Zoo und in Holland am Meer. Wir waren nicht ganz so viel unterwegs, wie sonst, aber die Große fand es okay. Zum Glück wird das Mädchen ja auch immer größer und kann demnächst dann hoffentlich mehr Unternehmungen vertragen.