Wie bereits zuvor angekündigt, war es lange Zeit ruhig hier auf Alltagsschrott. Da waren Herbstferien, Elternsprechtage, Lernfenster und eben zuerst die schriftlichen und dann die mündliche Abiturprüfungen. Danach folgte Termindruck bei der Abgabe der Druckvorlage der Abizeitung. Viel Stress, Sorge und Bibbern später weiß ich aber nun: Ich hab das Abitur!!!
Für mich ist das etwas, von dem ich nie geglaubt habe, es jemals von mir behaupten zu können. In meiner Familie gibt es bisher genau einen, der das Abitur hat. Der selbe ist auch der Einzige, der studierte. Die meisten Frauen haben zwar einen mittleren Bildungsabschluss und einige sogar eine Ausbildung, aber das Abitur ist neu.
Sicherlich war mein Start diesbezüglich nicht besonders vielversprechend. Hauptschulabschluss, abgebrochene Handelsschule und Schwangerwerden mitten im ersten Ausbildungsjahr. “ Gegen alle Prognosen ging ich tatsächlich nur für zwei Jahre in Elternzeit und setzte die Ausbildung fort – auch alleinerziehend, mit streckenweise großen finanziellen Hürden, vielen Tränen und manchem verzweifelten Abbrechenwollen. Am Ende hatte ich aber meinen Kaufmannsbrief in der Hand. BÄM!
Einige bezeichneten mich als Rabenmutter, weil ich die Ausbildung durchzog und die Tochter häufig einstecken musste. Andere sprachen mir ihren Respekt aus und waren beeindruckt von meiner Leistung, die ich ohne jegliche Hilfe von außen, brachte. Ich selbst sah weder die eine, noch die andere Seite. Für mich war dieser Weg – mein Weg – der einzige, der möglich war. Was hätte ich sonst machen sollen? Nach dem positiven Test die Ausbildung abbrechen? Aber dann hätte  ich keine zweite Chance bekommen, nicht in diesem Bereich. Hätte ich mitten drin abbrechen sollen, als mir alles über den Kopf wuchs, die zwei Jobs zu viel wurden und ich einfach nicht mehr wusste, was die Ideallösung ist? Aber dann hätte ich 2,5 Jahre Ausbildung weggeschmissen, das wäre einfach nur dämlich gewesen.
Natürlich hätte ich das Abitur nun nicht machen müssen. Ich hätte schon einen Job gefunden. Zwar nicht in meinem erlernten Bereich und wahrscheinlich auch nichts, was ich wirklich gerne gemacht hätte, aber zum (Über-)Leben hätte es schon gereicht. Vermutlich.
Aber da war immer dieser nagende Gedanke, was denn gewesen wäre, wenn ich nach der Grundschule einen anderen Weg eingeschlagen hätte? Ob ich das Abitur geschafft hätte? Wo ich jetzt stünde, wenn dieses oder jenes anders gelaufen wäre? Diese Fragen habe ich mir nur beantworten können, indem ich es ausprobierte. Ein bisschen anders hatte ich mir das schon vorgestellt. Zum Beispiel war niemals die Rede davon, dass der Liebste weitere 2 Jahre täglich nach Bonn fahren würde, damit morgens das Haus verließ und erst abends Zuhause war. Ich hatte mir mehr Unterstützung von ihm ausgemalt, weil er die Uni wechseln und in der Nähe studieren wollte. Aber es ergaben sich für ihn nun einmal phantastische Dinge, die er sich niemals hätte entgehen lassen dürfen. Und es waren ja auch nur zwei Jahre, in denen ich quasi alleinerziehend war und nebenbei an meinem Abitur arbeitete.

Niemals habe ich gedacht, es zu sagen, aber ja, ich bin stolz darauf trotz Kind die Ausbildung gemacht zu haben. Und ich bin stolz darauf, trotz aller Widrigkeiten das Abitur gemacht zu haben. Und ich werde stolz darauf sein, in einigen Jahren das Studium abzuschließen. Bei all dem, was ich bisher geschafft habe, habe ich nun keinerlei Zweifel mehr!