Schon letztes Jahr habe ich alles dafür getan, um auf einer Abendrealschule meine Abschlüsse nachholen zu dürfen. Leider sollte es in Bonn nicht klappen. Nach den bestandenen Einstufungstests bekam ich das Angebot: 17 – 22 Uhr, der Abendkurs. Ich musste ablehnen. Selbst wenn ich mich hätte auf den Liebsten verlassen können (der ja aber öfter im Sauerland war um neben dem Studium zu jobben), wären diese Zeiten einfach nicht in Frage gekommen. Ich hätte meine Tochter ausschließlich morgens vor dem Kindergarten gesehen – das war keine Option.
Die Vormittagsplätze waren überlaufen, so blieb mir nichts anderes übrig, als es an der Stelle zu lassen.

Nach unserem Umzug ins Sauerland habe ich mich gleich umgesehen und eine Wahl getroffen. Ein Kolleg in Siegen. Nach der Bewerbung wurde ich vor einigen Wochen zur Aufnahmeprüfung eingeladen. Da mir die mittlere Reife (aus div. teils selbstverschuldeten, teils unmöglichen Umständen, die hier nicht näher aufgeführt werden) fehlte, musste ich diese Prüfung bestehen, um aufgenommen zu werden.

Meine Nervosität war grenzenlos. Dank Prüfungsangst konnte ich die Nacht vorher nicht schlafen und habe auch in der Prüfung meine Schwierigkeiten gehabt.
Habe ich vorher noch gedacht, dass ich in Deutsch alles hin bekomme, in Englisch die Hälfte und in Mathe nichts kann, so hat sich meine Meinung nach der Prüfung geändert. Deutsch empfand ich als absolut heftig. Mathe war in Ordnung und Englisch fand ich total einfach. So kann man sich irren.

Nach einem nervösen Wochenende sollte ich mein Ergebnis erfahren. Ehrlich gesagt habe ich nicht mit einer Aufnahme gerechnet. Ich ging davon aus, dass ich mind. noch zur mündlichen Prüfung eingeladen, oder aber gleich abgelehnt werde. Innerlich habe ich mich darauf vorbereitet ein halbes Jahr nur mit Lernen zu verbringen. Doch die Dame am Telefon sagte mir gleich, dass das alles nicht nötig ist, wir sehen uns am 01. Februar um 8.00 Uhr.

Aufahmebestätigung Kolleg

Ich kann es eigentlich immer noch nicht so recht glauben, auch wenn der Papierkram zum Thema bereits erledigt ist.

Ich soll also wirklich wieder zur Schule dürfen? WOW!

Das gibt natürlich viele weitere Überlegungen.
Mir fiel das lernen immer schon sehr leicht. In Klasse 1-3 habe ich meistens mit Abwesenheit geglänzt, war aber dennoch immer gut genug, um nicht zurück gestuft zu werden. Auch in der weiterführenden Schule wurde es nicht besser. Dank diverser Brüche, Krankheiten und Verletzungen fehlte ich häufig. Das heftigste Halbjahr war mit um die 260 Fehlstunden im Zeugnis. Ich habe nie Hausaufgaben gemacht, nie gelernt und hatte dennoch einen Schnitt von 1,X. Meinen Abschluss habe ich auch nicht sonderlich schlecht gemacht.
Geblendet von dem Erfolg ohne etwas dafür tun zu müssen dachte ich, dass das auch in der Ausbildung schon gehen wird. Tat es auch. Eine Zeit lang. Mein Geheimnis in diesem Punkt ist ein ganz einfaches: Im Unterricht aufpassen. Ich lerne schnell und merke mir die Dinge in der Regel sofort. Voraussetzung ist aber das Aufpassen. Das hab ich in der Berufsschule fast gänzlich unterlassen. Durch einen 2. Job nachts war ich ständig müde, schlief also oder träumte im Unterricht.
Zum Ende der Ausbildung kamen viele persönlichen Probleme hinzu, doch ich habe die Prüfung geschafft. Nicht gut, aber geschafft.

Dieses Verhalten muss ich nun natürlich überdenken. Ich muss aufpassen, zuhören, lernen und Hausaufgaben machen. Das wird eine enorme Umstellung. Wie lernt man denn? Sowas habe ich nie machen müssen und werde wohl erst einmal das Lernen lernen müssen.
Aber ich bin optimistisch. Schon so lange, wollte ich unbedingt das Abitur nachholen und jetzt bekomme ich diese Chance wirklich! Die muss und werde ich nutzen und freue mich auf den 01. Februar. Nervös bin ich auch, keine Frage, aber die Freude überwiegt.