Seit Ende Februar hat Lotte Probleme beim Laufen. Anfangs nur morgens oder nach längerem Sitzen. Dann hat sich das aber zugespitzt und wurde gefühlt täglich schlimmer. Sie humpelte extrem, vermied es möglichst, das rechte Bein zu belasten, knickte es nicht und streckte es auch nicht ganz durch. Ende März waren wir zur Klärung im Krankenhaus, aber eine Diagnose gab es nicht. In der Zwischenzeit waren wir mehrfach in der ambulanten Sprechstunde dort und Ende April fand das MRT statt. Dieses zeigte einen Erguss zwischen Kniescheibe und -gelenk. Unsere behandelnde Ärztin gab uns zwei Optionen: Das Knie punktieren, die Flüssigkeit absaugen und Kortison spritzen. Oder nochmal 10 Tage den Entzündungshemmer in höherer Dosis geben. Wir entschieden uns für die 2. Option, da der Eingriff auch mit Risiken verbunden ist. Leider war das Ganze aber nicht zielführend. Lotte humpelte weiterhin stark und hatte offensichtlich Schmerzen.

Eigentlich hätte die Punktion vorletzte Woche stattfinden sollen, aber durch eine Panne im Krankenhaus hat das nicht geklappt. Dienstag war dann aber der Tag der Tage. Da wir schon am Freitag zum Narkosegespräch da waren, konnten wir direkt auf Station. Dort stellte sich dann heraus, dass der Anästhesist meinen Wunsch, dass ich dabei bin, bis Lotte einschläft, ignorieren wollte, obwohl er das zuvor zugesagt hatte. Die behandelnde Ärztin war da aber sehr verständnisvoll und organisierte schnell, dass das so doch klappt.

Wir bekamen unser Zimmer zugewiesen, dann kam auch schon eine Schwester, die uns zum Legen des Zugangs abholte. Was dann folgte, war allerdings ziemlich (sorry) scheiße.

Assistenzärztin mit kaum Erfahrung – so geht das nicht!

Die junge Assistenzärztin, die schon bei unserem 1. Termin mit der Blutabnahme große Probleme hatte, wollte das wieder machen. Sie stach in Lottes linken Arm, worauf Lotte natürlich brüllte, weinte und sich wand. Ich tröstete sie so gut es ging und versuchte sie abzulenken. Das ganze dauerte aber ziemlich lange. Als ich hin sah, war ich ziemlich erschrocken, was die Ärztin da machte: Die Nadel war zur Hälfte im Arm, während sie diese um 2-3 cm hin und her drehte und die Vene suchte. Ich hab schon oft Blut abgenommen bekommen und in den Schwangerschaften durchaus Probleme damit gehabt, aber sowas hab ich noch nie erlebt. Die MFA hat den Stich immer neu gesetzt, statt im Arm herumzuwühlen und die Vene zu suchen.
Da das, was die Ärztin da machte, fürchterlich wehtun musste, sagte ich was. Erst fragte ich sie, ob das so sein muss, was sie aber nicht beantwortete. Dann fragte ich, ob sie das schon einmal gemacht hat, was sie – rot angelaufen vor Anstrengung und zwischen zusammengebissenen Zähnen – bejahte. Als sie immer noch nicht fertig war, bat ich darum, dass das doch bitte ein erfahrenerer Arzt machen sollte. Daraufhin hörte sie auf und ich tröstete Lotte. Ich erklärte ihr noch kurz, dass das nichts gegen sie sei und ich auch verstehen kann, dass sie das in ihrer Position als Assistenzärztin noch üben muss, aber eben nicht um jeden Preis an einem so kleinen Kind. Dass Lotte traumatisiert wird und später dann nicht gerne zu Ärzten geht möchte ich unbedingt vermeiden!
Ob sie das verstanden oder gar angenommen hat, weiß ich nicht. Es kam jedenfalls ein anderer Arzt, der auch berücksichtigte, dass der linke Arm ungünstig ist, weil Lotte da am Daumen nuckelt. Zumal die Venen im rechten Arm sowieso besser zu treffen sind. Er stach einmal und traf sofort. Sie diskutierten noch die Technik aus, mit dem der Zugang getestet wird. Er klebt den Schmetterling notdürftig fest, während sie das Freihand machen wollte, was er wiederum kritisierte, weil das Teil direkt wieder aus der Vene rutschen würde. Da war ich dann doppelt froh, dass ich was gesagt hatte!

Warten, warten, warten – und dann geht’s los – der Eingriff

Zurück auf der Station mussten wir noch ein Weilchen auf den Eingriff warten. Lotte war derweil zwar hungrig, aber recht gut gelaunt. Wir waren rutschen und kuschelten dann viel in meinem Bett. Irgendwann kam eine Schwester und brachte das „Scheiß-egal-Mittel“. Ich merkte, wie Lotte immer müder und fahriger wurde. Sie spielte mit der Spritze und bekam die beiden Einzelteile nicht mehr zusammen gebracht. Als es dann um kurz vor 13 Uhr los ging, machte sie ganz gut mit. Sie fand es witzig im Bett durch die Flure gefahren zu werden und kicherte die ganze Zeit vor sich hin. In der Schleuse rastete sie kurz aus, als sie mich nicht sehen konnte, was mir wieder bestätigte, dass es besser ist, wenn ich bis zum Einschlafen bei ihr bin.

Punktion am Knie - Eingriff - warten

warten auf den Eingriff

Der Anästhesist – den kannten wir noch nicht – kam rein und stellte sich kurz vor. Ich zog sie noch fix bis auf den Body aus, dann bekam sie das Narkosemittel über den Zugang gespritzt und war nach 10 Sekunden auch schon weg. Der Anästhesist bettete sie um und weg waren sie.

In der Wartezeit erledigte ich noch Papierkram und ging schnell was zu Mittag essen, dazu würde ich erfahrungsgemäß sonst nicht mehr kommen, weil Lotte direkt nach der Narkose das Bett ja nicht verlassen kann und soll. Dabei lud ich im WLAN auch noch schnell ein paar Folgen einer Kinderserie runter, weil auf der Station ganz schlechter Empfang ist.
Nach 30 Minuten war ich wieder auf dem Zimmer und fürchtete fast, sie zu verpassen. Aber erst um kurz vor 15 Uhr kam die Schwester und kündigte an, sie würden Lotte jetzt hoch bringen.

Da ich nicht mit in den Aufwachraum durfte (steril und so), befürchtete ich, Lotte würde weinen, wenn sie nur fremde Menschen um sich hat. Das klappte aber erstaunlich gut. Als sie im Flur in ihrem Bett kurz wartete, sprach sie mit der Schwester, begutachtete den neuen Verband am Knie und war ganz gut gelaunt.

nach der Narkose – Hunger, schlechte Laune und… HUNGER!

Das änderte sich dann aber schnell wieder. Wie schon nach der Narkose beim MRT hatte sie vor allem eins: HUNGER! Und wenn sie Hunger hat, ist sie absolut garstig. Dazu noch die Schläfrigkeit und das erschlagene Gefühl nach einer Narkose, fertig ist das Grummelmonster. Ich hab sie weitestgehend abzulenken versucht, als sie aber in einem Wein-Schrei-Krampf versuchte sich den Zugang abzureißen, gab ich ihr mein Handy, wo sie ein paar Clips einer Kindersendung gucken konnte. Danach durfte sie etwas trinken, was sie sofort ausgiebig nutzte.

Die Ärztin kam dann zur Nachbesprechung vorbei und berichtete, dass 1,3 ml Flüssigkeit gut aus dem Knie gezogen werden konnte. Diese ist nun im Labor und die Untersuchung dauert ein wenig an. Ansonsten gab es keine Zwischenfälle, alles ist gut verlaufen. Sie sollte sich noch möglichst schonen und das Knie kühlen. Innerhalb der nächsten 2-3 Tage sollte das Humpeln stetig besser werden. Den Entzündungshemmer sollte sie aber weiterhin nehmen, allerdings in etwas geringerer Dosis.

Nach dem Eingriff - Verband am Knie und endlich gegessen

dicker Verband am Knie – aber endlich etwas gegessen

Zudem gab es die Freigabe fürs Essen. Lotte verspeiste direkt einen Toast und einen kleinen Fruchtjoghurt. Dann war der Tropf auch leer und konnte abgehangen werden, weil sie genug selbst getrunken hatte. Es war mittlerweile 17 Uhr und ich fragte, ob wir noch was raus dürften. Die Sonne schien und Lotte war an dem Tag noch gar nicht an der frischen Luft. Wir liehen uns einen Kinderwagen des Krankenhauses und konnten los. Gegenüber ist ein toller Spielplatz und Lotte ließ es sich natürlich nicht nehmen, diesen zu erkunden. Ich hab sie zwar immer wieder versucht zwischen den Geräten hin und her zu tragen, aber Lotte wäre nicht Lotte, wenn sie das zulassen würde.

Auf dem Spielplatz - ausgelassene Lotte

ausgelassenes Spielen auf dem Spielplatz

Danach waren wir im Bistro, wo ich mein Abendessen bekam. Auch hier aß Lotte nochmal eine Scheibe Brot mit. Zurück auf Station gab es für sie Abendessen, wo sie nochmal ein halbes Brötchen und einige Gurken gegessen hat. Als sie im Koffer einen Riegel und einen Quetschie entdeckte, mussten auch diese noch verspeist werden. Da hatte wohl jemand einiges nachzuholen. :)

gewohnte Rituale

Als ich Lotte für’s Bett fertig machen wollte, kam die Schwester nochmal vorbei, sah sich ihr Knie an und legte einen neuen Verband an. In dem Zuge fragte ich auch, ob der Zugang noch benötigt wird, woraufhin er gezogen werden konnte. Das war nochmal mit ein paar Tränchen verbunden, aber alles in allem war Lotte froh, das Ding endlich los zu sein.

Damit Lotte möglichst viel Sicherheit hat – sie hängt sehr an ihren gewohnten Ritualen – versuchte ich unsere Abendroutine einzuhalten. Zähne putzen, Schlafsachen anziehen, Peppa Wutz gucken, ein Buch lesen und kuscheln. Wir kuschelten und redeten tatsächlich noch ziemlich lange, bis Lotte gegen 21 Uhr darum bat ins Bettchen gelegt zu werden, wo sie sich auf die Seite umdrehte und augenblicklich einschlief.

Am nächsten Morgen kam die Visite nach ihrem und mitten in meinem Frühstück. Das Knie wurde nochmal begutachtet, wir bekamen einen Arztbrief und einen neuen Termin für in 3 Wochen und dann konnten wir auch schon wieder nach Hause.
Seitdem spricht Lotte viel über das Krankenhaus, die Rutsche dort, das Pieksen und – zum Glück vorwiegend – über den tollen Spielplatz, auf den sie unbedingt nochmal will. Dass sie Redebedarf hat, war klar, aber ich bin froh, dass es für sie alles in allem keine ganz fürchterliche Erfahrung war und sie mehr von den schönen Dingen spricht.

endlich Besserung

Am Tag nach unserer Entlassung – also dem 2. nach dem Eingriff – merkte man direkt eine richtig extreme Besserung. Sie humpelt seitdem nur noch leicht, hat das rechte Bein aber immer noch etwas nach außen gedreht, wenn sie läuft. Dafür rennt, tobt und hüpft sie nun wie wild und will alles nachholen, was sie in den letzten 2,5 Monaten verpasst hat. Jedes Mal wenn sie los rennt, hab ich da was im Auge, so froh bin ich, dass es nun endlich besser ist.

Und weiter? Ein Ausblick

In 3 Wochen haben wir einen Termin zur Nachkontrolle und ich hoffe sehr, dass sich das Laufen zwischenzeitlich nochmal deutlich bessert bzw. ganz ohne Humpeln etc. möglich sein wird. Dann wird uns die Ärztin auch sagen können, was genau die abgezogene Flüssigkeit war und vielleicht auch, woher das Ganze kam. Im Arztbrief für den Kinderarzt steht die Diagnose „Juvenile Arthritis“ und ich bin mir noch unsicher, was ich davon halten soll. Fakt ist nur, dass das Ganze erneut auftreten kann und dann von einer rheumatischen Erkrankung ausgegangen werden müsste. Die sind sowohl durch eine Dauermedikamention, als auch durch einen angepassten Lebensstil gut handelbar, dennoch hoffe ich aber natürlich, dass das nur eine einmalige Sache war und Lotte künftig keinerlei Beschwerden mehr hat.