Kaiserschnitt – und trotzdem glücklich
Deine 3 Kinder kamen per Kaiserschnitt zur Welt, wie kam es dazu?
Die Ärzte haben mir schon bei meinem ersten Kind ziemlich früh gesagt, dass sie nicht damit rechnen, dass ich eine vaginale Geburt haben könne. Vor allem nicht, als sie erfuhren, dass es auch meiner Mutter bei drei Kindern und meinen zwei Tanten mit je zwei Kindern nicht gelungen ist – teilweise mit stunden- und tagelangen Wehen und anschließendem Notfallkaiserschnitt.
[…]weil bei uns in der Familie die vaginale Geburt nie auf einen Sockel gestellt wurde.[…]
Wie ging es Dir mit der Aussage der Ärzte?
Wie es mir ging? Mir war es völlig egal, ich konnte das problemlos akzeptieren, vielleicht auch deswegen, weil bei uns in der Familie die vaginale Geburt nie auf einen Sockel gestellt wurde. All die Themen, mit denen sich andere konfrontieren, zum Beispiel, ob man trotzdem eine Bindung zu seinem Kind aufbauen kann, ob man stillen kann, was auch immer Unsicherheiten sind in einem solchen Fall, waren bei uns nie Thema. Im Gegenteil: Ich habe gesehen, dass es kein Problem ist. Man muss dazu sagen, dass diese Tanten nur 12 und 14 Jahre älter sind als ich und ich noch jung war, als sie ihre Kinder bekamen. Ich habe auch oft auf meine Cousinen und Cousins aufgepasst.
Hast Du vor den Operationen jeweils ein ausführliches Geburtsplanungsgespräch führen können und fühltest Dich gut darauf vorbereitet?
Ich hatte beim ersten Kind ein sehr ausführliches Gespräch und die nächsten dann kurz gehalten, ich hab auch den Entscheid zum Kaiserschnitt nie diskutiert, das war vollkommen ok für mich. Vor allem die Aussicht auf tagelange Wehen, die dann doch in einem Kaiserschnitt enden könnten, hat mir die Entscheidung sehr erleichtert. Und wie erwähnt: Ich habe ja gesehen, dass die Kinder dennoch gestillt werden – mehr oder weniger lang, ein anderes Thema -, und quasi ein normales Leben möglich ist.
Wie waren die Geburten für Dich?
Sehr schön und sehr ergreifend. Der Älteste war bei der letzten Untersuchung am Abend vorher mit dem Kopf nach unten. Als die Ärzte den Bauch aufschnitten, zeigte es sich, dass sich mein Sohn in der Nacht ohne dass ich es gemerkt hatte in Beckenendlage gedreht hatte. DAS wäre nun gänzlich unmöglich gewesen, das hätten sie in der Klinik auch nicht gemacht. Der Sohn fing noch im Bauch das schreien an, was wir ihm immer wieder gern erzählen. Beim dritten wurde der Kaiserschnitt vom Morgen auf den Nachmittag verlegt und da wurde ich aus Unterzuckerungsgründen teilweise grantig.
Und danach, warst Du schnell wieder auf den Beinen?
Beim Ältesten blieb ich drei Tage im Bett liegen. Ich hatte wahnsinnige Schmerzen und wurde mit Morphium vollgepumpt. Außerdem gefiel mir der Katheter, es war so cool, mal nicht mehr dauernd aufs Klo zu müssen. Nach drei Tagen kam eines Nachts eine Krankenschwester und sagte mir, sie werde mir jetzt Eis auflegen. Das war die Lösung. Beim zweiten und dritten hab ich sofort bei Schmerzen Eis verlangt und ging auch schon am gleichen Tag selbst aufs Klo. Nach ein paar Tagen jeweils hab ich die Narbe gar nicht mehr gespürt und das geht bis heute so. Sie ist noch zu sehen, wenn man weiß, wo sie ist, so schön ist sie verheilt.
Wie gingen Freunde und Familie damit um?
Was die anderen denken, war mir egal – ich hatte ja keine Wahl. Ich musste das dann auch nicht mit Themen wie «Tut es dir nicht leid» diskutieren, weil Nein, tat es mir nicht. Ich kannte im Prinzip nichts anderes. Interessanterweise hat erst bei der dritten Geburt die Ärztin konstant von einer «sogenannt natürlichen Geburt» gesprochen in Bezug auf die vaginale Geburt. Was ich ganz schräg fand, waren Männer, die die Entscheide debattieren wollten – da habe ich jeweils gesagt, ich würde eine solche Frage ganz sicher nicht mit Männern diskutieren. :-D
Hast Du auch negatives Feedback bekommen?
Ich erinnere mich nicht. Es gab Leute, denen tat ich leid, aber das ist deren Angelegenheit, nicht meine. Außerdem empfinde ich das als sehr übergriffig. Ich musste mir später viel Schleim aus der Gebärmutter saugen lassen, weil ich praktisch durchgehend meine Tage hatte. Da sagte der Arzt, dass das unter anderem davon käme, dass sich die Hormone, die sich bei der vaginalen Geburt bilden nie gebildet haben und dass der Geburtskanal nie ausgeweitet worden sei. Das ist die einzige direkte negative Folge, die ich davon trug.
[…]Ich glaube aber, dass jede Mutter Angst hat, keine gute Bindung aufzubauen[…]
Viele Frauen haben Angst, sie könnten aufgrund des Kaiserschnitts keine gute Bindung zu ihrem Kind aufbauen, kannst Du das bestätigen?
Ich will anderen nicht vorschreiben, was sie zu denken haben und urteile auch nicht darüber. Aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es keine Rolle spielt. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht damit gehadert habe. Ich kenne ja aus dem Familienkreis nichts anderes. Ich glaube aber, dass jede Mutter Angst hat, keine gute Bindung aufzubauen, und da kann dann unter Umständen ein Kaiserschnitt eine Projektionsfläche bieten, muss aber nicht. Man weiß ja eh nichts von allem bis man es nicht selbst erlebt hat. Und meiner Erfahrung nach ändern sich Bindungen ständig – mal sind sie einem näher, mal weniger, ein ewiger Kreislauf. Die einzige Konstante sind die Liebe und das Wissen, dass sie das Beste auf der Welt sind.
Die ewige Angst ums vertauschte Kind – hattest Du sie auch?
Nein. Sie waren ja ständig bei mir. Außer beim zweiten Kind, da kamen die Schwestern jede Nacht um Mitternacht und nahmen uns die Kinder weg. Sie sagten, wir sollten jetzt in Ruhe schlafen, und wenn was wäre, dann kämen sie sofort. Ich fand das sehr fürsorglich – sie sagten, wir hätten dann zuhause genug Nächte, in denen wir nicht schlafen könnten. Ich bekam aber definitiv immer mein Kind zurück :-D
Ich kenne eine Frau, die hatte geschlagene 48 Stunden schlimmste Wehen, musste dann einen Kaiserschnitt machen und war danach total erschöpft. Sie hätte so gern einmal ein paar Stunden geschlafen, aber weil es ein Spital mit einem Bonding-Label war, durfte das Kind nicht von den Eltern weg. So ging der Mann stundenlang mit dem Kind in den Gängen spazieren. Solche Praktiken finde ich sehr fragwürdig – es geht um eine Mutter, die 48 Stunden nicht schlafen konnte und um Erholung bettelt, und einen Mann, der zumindest teilweise arbeiten musste und eigentlich seine Frau in guten Händen wusste. Ihr diese Erholung wegen eines Labels nicht zugestehen – da wäre ich auf die Barrikaden, wäre ich in der selben Situation mit dem selben Wunsch gewesen. Man muss dazu wissen: In der Schweiz bekommt ein Mann nur einen Tag Urlaub bei der Geburt eines Kindes, Elternzeit gibt es für Väter nicht. Viele machen es so, dass sie bei der Rückkehr nach Hause ein paar Tage zu Hause bleiben um die Frau dort zu unterstützen und sich gemeinsam an alles zu gewöhnen.
Ich habe aber auch andere Dinge erlebt: Meine Tochter musste im Alter von drei Wochen wegen RSV vier Wochen ins Spital und kam in eine Uniklinik. Es gab keine Möglichkeit, bei ihr im Zimmer zu übernachten, nur in einem Gästehaus, und da wir nur zehn Minuten davon entfernt wohnten und ja auch noch den großen Bruder hatten, ging ich jeweils nach Hause. Es war einige Male so, dass wenn ich kam, eine Schwester meine Tochter in einem Tragetuch vor dem Bauch trug, weil sie offenbar unbedingt Nähe brauchte und ich noch nicht da war. Das fand ich auch sehr schön: Man kümmerte sich um ihre Bedürfnisse und hat sie erfüllt.
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