Eigentlich habe ich nichts mit meiner Familie zu tun. Und meistens finde ich das sogar ziemlich gut. Immerhin war es meine Entscheidung, den Kontakt abzubrechen.
Ganz manchmal ist da aber doch ein wenig Wehmut. Besonders was meine Geschwister angeht. Die meisten davon kann ich zwar via Social Media kontaktieren, doch tatsächlich kommt das eher selten zustande. Wir gratulieren uns zu Geburtstagen, wünschen uns manchmal sogar frohe Weihnachten und einen guten Rutsch und ab und zu schreiben wir mal. Ganz kurz und unverbindlich. Wir behaupten, wir müssten uns dringend treffen und versprechen uns, es bei weniger Stress im Alltag auch mal zu machen. Doch alles in allem haben wir uns vor vielen Jahren zuletzt gesehen. Irgendwann kurz nach der Geburt der großen Tochter und auf der Beerdigung unseres Vaters. That’s it.

Und weil das alles so unverbindlich war wunderte es mich auch sehr, als sich vor einigen Wochen die Freundin meines Bruders meldete. Bisher kannte ich sie nicht, sah sie nur im Profil meines Bruders verlinkt. Sie wollte die große Tochter und mich unbedingt mal kennen lernen, mein Bruder käme da nicht in die Puschen und es würde mal Zeit. Huch?! Ich fühlte mich ein wenig überrumpelt und wusste zunächst nicht so recht, was ich antworten sollte. 

Nach anfänglichem Zögern stimmte ich einem Treffen zu, teilte ihr aber auch mit, dass wir erst in einigen Wochen wieder im Rheinland sein würden und ich mich dann, wenn es okay wäre, spontan melden würde.
Vorsichtig fühlte ich noch nach, inwiefern diese Kontaktaufnahme vom Rest der Familie indiziert sein könnte. Denn an einem ganz großen Treffen habe ich keinerlei Interesse. Sie schrieb gleich, dass sie selbst aus diversen Gründen keinen Kontakt hätten und sie mir das in Ruhe erzählen könnte.
Als sie mir unaufgefordert ihre Nummer sandte und nach meiner fragte, wurde ich dann doch wieder ein wenig skeptisch und sagte ihr, ich würde ihr dann demnächst einfach darüber schreiben. Das war okay, wir verblieben erst einmal so.

Als dann letzte Woche feststand, dass wir wieder in die ♥-Stadt fahren zögerte ich erst ein wenig, schrieb ihr dann aber doch. Allerdings schlug ich, anders als zuvor von ihr angedeutet, ein Café als Treffpunkt vor, da ich weder meinen Bruder noch sie kenne und den ersten Schritt dahingehend gerne auf neutralem Boden machen würde. Mir wäre dabei einfach wohler gewesen. Neutral und unverbindlich. Erst einmal.

Doch ich bekam auf meine Nachfrage keine Antwort. Schade. Ich hatte schon angefangen mich darauf zu freuen. Meinen Bruder wiedersehen. Er ist jetzt 24. Vierundzwanzig! Keine 16 mehr. Hui! Und er hat jetzt eine Freundin. Seit 4 Jahren. Nochmal Hui!
Aber da kamen auch direkt wieder paranoide Gedanken. Ob sie es wohl wirklich ehrlich meinte, oder mehr dahinter steckte? Weshalb sonst sollte ein neutrales Treffen nicht drin sein? Hm? Hatte der Rest der Familie doch etwas damit zu tun? Was sollte denn der Sinn davon sein? Oder hat es ganz andere Gründe…?

Aber nungut. Hätte wohl erst einmal nicht sollen sein. Vielleicht demnächst?