Was das Thema Medien angeht könnten die Meinungen von Eltern nicht unterschiedlicher sein. Es reicht von bevor-mein-Kind-xyz-Jahre-alt-ist-kommt-es-damit-nicht-in-Berührung bis hin zu wir-sehen-das-ganz-locker-und-es-kann-so-oft-und-so-viel-wie-es-will. Letztendlich muss jeder für sich, seine Kinder und seine Familie selbst entscheiden, wie der richtige Weg ist. Fakt ist nur, dass Kinder heute immer früher fernsehen, ein eigenes Handy haben und Zeit an der eigenen Konsole verbringen. Das zeigen viele Statistiken.
Doch ist das grundsätzlich falsch? Versuche ich mich an die Empfehlungen diverser Anlaufstellen zu halten, wird mir ganz schwindelig. Hier wird empfohlen, dass Kinder unter 3 Jahren gar nicht fernsehen sollten. Dort heißt es, dass ein Handy erst mit 9 Jahren und ein Smartphone mit 12 Jahren vertretbar sei. Wieder woanders wird empfohlen, dass nur Games zu spielen sind, die pädagogisch wertvoll sind. In der Theorie klingt das alles ganz hervorragend. Praktisch handhaben es viele Familien dann doch anders. So auch wir.

Fernsehen & Filme

Die kleine große Tochter schaute mit weniger als eineinhalb Jahren das abendliche Sandmännchen. Etwa ein Jahr später dann auch die 10-minütige Sendung, die davor kommt. Deutlich früher also, als es empfohlen wird. Mit etwa 4 Jahren weiteten wir das Programm aus, sodass sie etwa 45 Minuten fern sah. Nicht immer, aber meist doch täglich. Waren wir unterwegs oder sie mit Freunden beschäftigt, so fiel das TV-Programm kommentarlos aus, ansonsten gehörte es einfach zum abendlichen Ritual.
Den ersten Kinofilm sah sie mit fast 5 Jahren, Zuhause gab es nur selten Filme zu sehen, da sie meist so lange nicht still sitzen bleiben konnte.
Sie sehen, die Empfehlungen habe ich nicht einmal ansatzweise eingehalten. Geschadet hat es meiner Tochter dennoch nicht. Jedenfalls nicht, soweit ich das bisher feststellen kann. Sie hat ein gesundes Verhältnis zum Fernsehgerät, schaut gerne mal eine Sendung oder einen Film und kommt gut mit den Inhalten zurecht. Hat sie Besuch oder ist bestes Sonnenwetter, besteht sie selten bis gar nicht auf eine Sendung. Es sei denn, es ist etwas besonderes, das sie unbedingt lückenlos verfolgen möchte – das kam bisher vielleicht zwei oder dreimal vor.

(Konsolen-)Spiele

Schon immer besaß ich ein uraltes Super Nintendo System, welches aber eigentlich nur einstaubte. Irgendwann kam die Wii dazu. Da mir zumeist die Zeit dazu fehlt, staubte auch dieses Gerät ein. Wenn es dann doch mal eingeschaltet war, wollte natürlich auch die große Tochter etwas spielen. Und durfte es, in einem bestimmten Zeitrahmen. Würde ich es abzählen, hat die Tochter in ihren fast 10 Lebensjahren höchstens zehnmal an einer der Konsolen gespielt. Dann aber länger und ausdauernder, als es irgendwo empfohlen wird. Ich weiß noch, dass sie vor etwa 4 Monaten das letzte Mal Super Nintendo gespielt hat. 2 Stunden lang. Am Stück. Bäm!
Wenn wir mal längere Strecken unterwegs sind hat sie häufig ihren 3Ds dabei. Und spielt so lange sie möchte. Ob nun 1,5 Stunden in die Großstadt, oder 13 Stunden in den Urlaub. Im Alltag hingegen ist die Spielzeit begrenzt, dazu aber später mehr.

Computer & Internet

Medienkompetenz bei Kindern - gut oder böse?Der Computer ist auch schon für die kleinsten ein Thema. Schnell merken sie, dass man hier Ausmalvorlagen, Bastelideen und andere nützliche Dinge her bekommt. Irgendwann wollen sie ganz unweigerlich selbst dran.
Auch im Internet war die große Tochter schon früh unterwegs. Sie spielte bei den Großeltern ein Spiel im großen blauen Buch und wollte dies auch Zuhause, was ich ihr aber verwehrte. Sie hatte dann zwei oder drei Lernspiele, die sie immer mal wieder spielte. Etwa einmal in einem Vierteljahr. In der 2. Klasse gab es die ersten Hausaufgaben, wofür der Computer zur Hilfe genommen werden sollte. Es folgte ein Referat, wofür die Recherche ebenfalls im Netz stattfand. Und seitdem ist meine Tochter mit dem PC oder am Laptop häufiger im Internet unterwegs. Wir haben auf beiden Geräten einen gesonderten Benutzeraccount für Kinder angelegt, dort ist der KinderServer voll aktiviert. Zusätzlich ist an den PCs die Kindersicherung aktiv und via Router habe ich einige URLs gesperrt. Sucht sie nach Informationen, so nutzt sie dafür eine Kindersuchmaschine. Ansonsten schaut sie sich Videos an, liest Anleitungen oder Rezensionen, lernt und vertreibt sich die Zeit. Zumeist gilt auch hier unsere Medienregelung, manchmal wird diese aber auch ausgeweitet. Grundsätzlich gilt jedoch, dass sie nur am Familien-PC oder am Laptop ins Internet kann und darf. Am Smartphone ist dieses komplett deaktiviert.

Handy & Smartphone

Viele Kinder bekommen bereits bei der Einschulung ein Handy oder Smartphone in die Schultüte. Zu diesem Thema auch die Blogparade bei Zwergalarm: Handy in die Schultüte?
Bei uns gab es kein Handy in der Schultüte. Auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen, denn zu dem Zeitpunkt lehnte ich die frühe Handynutzung bei Kindern ab. Nachdem meine Tochter dann von der ersten in die zweite Klasse gewechselt hatte, stellte ich schnell fest, dass ich mit dieser Meinung recht alleine da stand, bereits der Großteil der Klasse hatte ein Handy. Zur Mitte der 3. Klasse wurde meine Tochter dann zum Schlüsselkind und bekam ebenfalls ein eigenes Gerät. Das war für mich ganz klar und es gab gar keine Diskussionen darum. Wenn mein Kind alleine unterwegs ist, möchte ich die Sicherheit haben, dass sie mich jederzeit anrufen kann. Und ich sie.
Seitdem hat sich viel an der Selbstständigkeit getan, die große Tochter ist häufig im Dorf unterwegs, mit Freunden oder alleine, und hat immer ihr Handy mit.
Zu Beginn der Sommerferien gab es nun auch ein eigenes Smartphone für sie. Gute 2 Jahre vor dem empfohlenen Alter also. Natürlich hätte es auch noch das einfache Handy getan, aber ich denke, dass ich in einem gewissen Umfang auch mit der Zeit gehen sollte. Zwar bekam ich selbst z.B. erst mit 14 Jahren ein (einfaches) Handy und kam davor auch ohne all diesen Schnickschnack aus, doch heute ist nicht damals. Die Gesellschaft unterliegt nun mal einem ständigen Fortschritt, den ich weder ausblenden noch -bremsen kann.

Umgang mit den Medien – in der Praxis

Als die große Tochter noch ein kleines Kind war, habe ich mich ehrlicherweise nicht informiert ob, was, wie empfohlen wird. Ich handelte aus einem Gefühl heraus, als ich ihr das Sandmännchen erlaubte, die Spielkonsole an schmiss oder mit ihr einen Film schaute. Daraus entstand mit der Zeit ein gesunder Mix an Medienkomsum. Ich stellte Regeln auf. Diese bilden einen Rahmen. So darf die große Tochter aktuell eine Stunde täglich etwas mit Medien machen. Darunter fällt das Fernsehen, das Spielen an der Spielkonsole und das Nutzen der Computer. Alles darüber hinaus ist individuell verhandelbar. Hiervon ausgenommen ist das Smartphone. Sie darf den Akku einmal am Tag aufladen. Ist es leer, dann ist es eben leer und keine Nutzung mehr möglich.
Grundsätzlich gehöre ich zu den Eltern, die einen recht lockeren Umgang mit dem Thema haben. Meine Regeln, welche nicht in Stein gemeißelt sind, lassen durchaus Ausnahmen zu. Das Wetter ist blöd, Freunde nicht greifbar und ich hab keine Zeit für Kinderbespaßung? Dann wird auch mal mitten am Tag ein Film geschaut. Wartezeit beim Arzt und keine Lust auf eine Unterhaltung? Dann kann auch mal das Smartphone gezückt werden. Und wenn sie mal Lust auf einen Nachmittag an der Spielkonsole hat, darf sie durchaus spielen – auch 2 oder 3 Stunden am Stück. Solange das nicht zum Alltag wird, meine Tochter nicht ständig vor einem Bildschirm zu finden ist, habe ich damit kein Problem und begrüße diese Erfahrung sogar. Dadurch das sie weiß, dass sie einen fast freien Zugang zu den Medien hat, nutzt sie diese auch nur in Maßen. Nach einem Film hat sie sowieso keine Lust mehr und geht lieber etwas raus, um sich mit den Kaninchen zu beschäftigen, Fahrrad zu fahren oder zu toben und fragt an diesem Tag garantiert nicht noch einmal nach etwas medialem.
Verwehre ich meiner Tochter aber den Zugang zu modernen Medien, mache ich sie nur um so interessanter und begehrenswerter. Wächst sie mit ihnen auf, kennt sie sie als normal, hat einige Regeln verinnerlicht und ein gesundes Verhältnis zu Medien.

Zu uns passt dieser offene Umgang wunderbar und es funktioniert gut, wie wir es handhaben. Andere haben strengere Ansichten und bei ihnen funktioniert es ebenso gut. Es gibt kein richtig oder falsch, die Hauptsache ist, es passt zur Familie und den Kindern. Und das ist auch gut so.