Schon bei meinem letzten Resümee erwähnte ich, welche Schwierigkeiten ich im 2. Semester in Mathe hatte. Doch nun musste ich feststellen, dass es a) nicht nur Mathe betrifft und b) schlimmer als gedacht ist.

Schon immer hatte ich Probleme vor und in Prüfungssituationen. Ob nun damals in der Schule vor Klassenarbeiten oder zum Ende meiner Ausbildung vor den IHK-Prüfungen – die Angst zu versagen war schon immer da und begleitete mich schon meine gesamte Schul- und Ausbildungszeit über.
Schon Tage vor der Klausur fängt es an. Ich werde nervös, kann nur noch an diese denken und denke ständig über den Stoff nach, der abgefragt werden soll. Die Nacht vor der Klausur ist in der Regel kurz, selten habe ich auch nur annähernd ausreichend Schlaf. Egal wie sehr ich auch versuche nicht an die Klausur zu denken, irgendwie komme ich immer wieder darauf zurück.
Im Laufe der Zeit habe ich einige Methoden gefunden, um damit zurecht zu kommen.
1.) Vorbereitung auf den Stoff
Natürlich ist die Vorbereitung das Wichtigste. Ich lerne und schaue mir die Sachen so lange an, bis ich sie auswendig aufsagen und anwenden kann. Das Ganze über einen längeren Zeitraum hinweg, denn im Kurzzeitgedächtnis bringt mir das Wissen auf lange Sicht gesehen nicht viel.
2.) Übung
Nicht umsonst heißt es „Übung macht den Meister“. Übung festigt das Wissen und gibt Sicherheit.
3.) Durchatmen, -lesen und Markieren
Ich weiß, dass ich noch einmal eine Ecke nervöser werde, sobald ich die Klausur in der Hand halte. Nasse Hände, Herzrasen und Magengrummeln sind ein ständiger Begleiter.
Also schaue ich mir die Aufgaben kurz an, lege sie dann weg und versuche an etwas Anderes zu denken. Ich trinke einen Tee, atme durch und nehme die Klausur dann wieder zur Hand. Da ich vor lauter Nervosität häufig Fehler in der Ausführung einer Aufgabe gemacht habe, nehme ich dann einen Textmarker zur Hand und markiere die Schlüsselbegriffe wie „Erläutern“, „Begründen“, „Beurteilen“, „Beweisen“, „Erklären“ oder „Skizzieren“. Das springt ins Auge und ich komme nicht so leicht auf die Idee, einen ausführlichen Text zu verfassen, wenn doch nur Stichpunkte z.B. gefragt sind.
4.) Einen Spicker bereitlegen
Das mag nun absurd klingen, aber ich brauche diese Sicherheit. Bislang habe ich bei den meisten Klausuren einen Spicker in greifbarer Nähe gehabt – ihn aber nicht nutzen müssen. Ich weiß dann, dass ich im Falle des Falles könnte und nicht auf mein dünnes Nervenkostüm angewiesen bin.

Biologie - Leistungskurs - Blutgruppenanalyse

Mit all diesen Vorkehrungen funktioniert es. Normalerweise.
Guter Dinge startete ich heute Morgen in den Tag. Bei der anstehenden Klausur im Bio Leistungskurs hatte ich keinerlei Bedenken. Ich habe gelernt. Ich habe sämtliche Hausaufgaben und Übungen jederzeit vollständig richtig gehabt. Ich habe alles verstanden und konnte Sachverhalte auch auf andersartige Aufgaben übertragen. Kurzum: Ich hatte im Kopf jede Sicherheit, die ich nur haben konnte. Ich war mir absolut sicher, diese Klausur mit mindestens 12 Punkten schreiben zu können.
Tja. Und dann wurde sie verteilt, ich sah sie mir an und wusste absolut nichts mehr. Wie immer legte ich sie bei Seite, atmete durch und schaute wieder drauf. Aber da klingelte rein gar nichts.
Dann, ganz langsam, hatte ich eine Idee bei einer der 4 Aufgaben und machte mich direkt daran sie zu lösen. Zwar fiel mir der wundervolle Begriff „Autosomal“ zunächst nicht ein, aber „X-Chromosomal“ war noch vorhanden. Ich wusste noch, dass es zwei unterschiedliche Erbgänge mit jeweils dominanten und rezessiven Vererbungslinien gegeben hat. Reichte erstmal. Ich schmierte es hin, kontrollierte, übertrug es ordentlich und dann fiel mir der Begriff dann doch wieder ein. Alles gut.
Alles gut? Denkste! Eine von vier Aufgaben ist ein bisschen wenig. Der Rest war eigentlich wirklich einfach. Es ging um das Mendelsche Kreuzungsschema. Um Blutgruppenanalyse (vertauschte Kinder von 3 Elternpaaren – bla). Und zuletzt eine Zusatzaufgabe. That’s it.
Ich saß zitternd da. Mir schossen vor Verzweiflung die Tränen in die Augen, ich versuchte mich zu konzentrieren, aber da war einfach nichts zu machen. Es schossen 1000 Gedanken durch den Kopf, aber bevor ich einen ausführen konnte, war er auch schon wieder weg. Gedankenfetzen. Bruchstücke. Nichts greifbares. Wie man diese blöden Buchstaben nun kombinieren muss, um ein Kreuzungsschema aufzuzeigen, das wusste ich einfach nicht mehr. Ich habe ganz viele Möglichkeiten durchgespielt und kam auf die absurdesten Ergebnisse.
Die Lehrerin merkte das dann irgendwann (20 Minuten vor Klausurende) und kam zu mir. Ich erklärte es ihr kurz. Wollte eigentlich gehen. Doch sie sagte, ich solle es noch einmal versuchen, da wäre ein ganz guter Ansatz dabei, den solle ich verfolgen, die Anderen sind falsch. Also habe ich es doch noch einmal versucht und zumindest 2 weitere Aufgaben gelöst. Eine davon vermutlich sogar richtig. Das wären immerhin 2 von 4 Aufgaben. Für einen Blackout also noch beachtlich (im Vergleich zu Mathe…).
Ich war bin so sauer. Auf mich. Meinen Kopf. Meine Unsicherheit. Diese Blockade. Die Unfähigkeit mich zu konzentrieren. Auf alles und jeden.

Es ist ärgerlich, wenn man nichts weiß. Noch ärgerlicher aber, wenn man das Thema im Schlaf kann und nur in der Klausur alles weg ist. Einfach so. Ohne Grund.

Mir ist nun jedenfalls klar, dass das so nicht weitergehen kann. Ich muss an dieser Prüfungsangst arbeiten. Ich hatte sie bisher halbwegs im Griff, doch nun läuft es aus dem Ruder. Wenn ich es schon in Bio nicht schaffe, sie unter Kontrolle zu halten, wie wird es erst in den anderen Fächern? Da gehe ich dann erst recht unter, denn Bio ist eigentlich mein ♥-Fach, in dem ich wirklich gut bin war.

Und nein, dieses Mal hatte ich keinen Spickzettel. Wozu auch? Alles war in meinem Kopf. ALLES!