Studieren mit Kind ist ein Thema, das immer mal wieder für Gesprächsstoff sorgt. Unter Studenten wird es zwiespaltig diskutiert. Da gibt es die einen, die finden, dass Eltern an der Uni nichts verloren haben und/oder pochen auf absolute Gleichberechtigung. Komisch, die Nachteile wollen sie aber nicht auch haben. Die anderen sind interessiert bis fasziniert und einige wenige kamen nach einem Gespräch mit mir zu dem Schluss, sie könnten ihre Familienplanung ebenfalls vorverlegen. Äh ja, so war das eigentlich nicht gedacht.
Von anderen Eltern hörte ich ebenfalls unterschiedliches. Einige können es sich überhaupt nicht vorstellen, weil ihr Tag auch zuhause mit den Kindern voll genug ist. Andere finden, als Eltern habe man sich um die Kinder zu kümmern und wenn der Mann einen halbwegs gut bezahlten Job hat, sollten Mütter höchstens in Teilzeit und vormittags arbeiten.
Tatsächlich muss ich sagen, dass das häufigste Feedback ein kritisches ist. Weil nicht ich meinem Mann den Rücken frei halte, sondern wir uns gegenseitig. Weil er keine 40-Stunden-Woche macht, damit Jona nicht betreut werden muss und ich zur Uni kann. Mich lassen alle Aussagen regelmäßig mit Augenrollen, hochgezogenen Augenbrauen und einem WTF?-Gedanken zurück.
Studieren mit Kind
Wie dem auch sei. Hier eine Zusammenstellung von zufälligen Fakten über das Studieren mit Kind. Nicht alle sind zu 100% ernst gemeint und bitte mit ein wenig Humor zu verstehen.
- Späte Vorlesung? Trotzdem ist „ausschlafen“ nicht drin.
Auch wenn meine Vorlesung erst um 12 Uhr beginnt, klingelt um 5.45 Uhr zuverlässig der Wecker, denn die Älteste muss zur Schule. Spätestens um 6.30 Uhr aber sind auch die beiden Kleinen sowieso wach, an Ausschlafen ist da also nicht zu denken. - Von den Kindern trennen? Meist unheimlich schwer.
Ich bin sicher keine Übermutter, aber wenn ich um 7 Uhr los muss und genau weiß, dass ich erst um 19 Uhr wieder zuhause sein werde, fällt mir der Abschied von den Kindern schwer. Oft übertrumpfen sie sich dann auch noch vor Niedlichkeit und machen es mir damit nicht einfacher. - Kind schläft = schnell schon mal ein Kapitel lesen? Powernaps reichen nicht, für nichts.
Wenn die Mittlere im Kinderhaus ist und der Kleine grad eingeschlafen ist, kann ich trotzdem nichts für die Uni tun. Es ist absolut sicher, dass es aus dem Babyfon quakt, sobald ich was sinnvolles tun möchte. - Haushalt dagegen geht immer
Denke ich umgekehrt „Ach, so müde war er ja gar nicht, das wird ein kurzes Schläfchen!“ und mache kleinere Handgriffe im Haushalt, dann ist sicher, dass er 2 Stunden durchschläft. Mindestens! - Anwesenheit ist alles – oder auch nicht
Mit 2 Kindern war ich deutlich häufiger bei den Uni-Veranstaltungen, als jetzt mit 3en. Klar, 3 Kinder bedeuten auch Termine für 3 Kinder, Krankheiten von 3 Kindern, etc. So kann es schon mal sein, dass ich es in einer Woche nicht einmal zu den 3 Terminen schaffe, die ich aktuell nur habe. - Party? Nein Danke, zuhause feiere ich genug.
Ob die nächste WG-Party steigt, im Club eine Studenten-Fete steigt oder sich Leute einfach nur auf ein Bier in einer Kneipe treffen: Ich bin nicht dabei. Selbst wenn ich die Zeit dafür hätte, kann-muss-soll ich sie sinnvoller nutzen. Für die Uni steht im-mer irgendwas an. Garantiert! - Praktika sind praktisch? Nicht mit Kindern!
Auch wenn Praktika im Studiengang vorgesehen sind, ist deren Organisation unheimlich schwierig. Während der Vorlesungszeit klappt es nur schlecht und ist eher gestückelt. In der vorlesungsfreien Zeit haben zwei Kinder Ferien und der Mann arbeitet. Da ist für Praktika einfach keine Luft. Außer vielleicht sonntags. - Hausarbeit, Klausur oder lieber ein Referat?
Angangs dachte ich, Hausarbeiten seien als Prüfungsleistung ideal mit Kindern. Weit gefehlt, denn das sind sie nicht. Literaturbasierte Arbeiten mit einem Umfang von 20 Seiten aufwärts sind vor allem eins: aufwändig! Während ein paar freien Stunden Arbeitszeit am Abend ist das kaum zu rocken. - Hausarbeiten mit Nachtschicht
Stattdessen hab ich meine ersten beiden Hausarbeiten in Gewaltaktionen über Nacht geschrieben und bin gar nicht stolz drauf. Auch wenn die Note ziemlich hervorragend ist, möchte ich das nicht nochmal so durchziehen. - Studieren mit 30+ führt zu Blicken. DEN Blicken.
Diese Blicke der jüngeren Studenten sind manchmal neugierig, oft interessiert, genauso oft aber auch herablassend bis mitleidig. Oft gibt es auch dumme Kommentare, da muss ich hier und da auf Durchzug stellen, um nicht unhöflich zu werden.
- Lerngruppen? Ohne mich!
Für Klausuren lerne ich alleine, weil ich eine Lerngruppe never in meinen Zeitplan integrieren könnte. Klappt zum Glück auch bestens ohne. - Gruppenarbeiten – mein Horror.
Am liebsten mache ich arbeiten alleine, weil ich mir da die Zeit frei einteilen kann. Bei Gruppenarbeiten war es bislang immer schwierig auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. „Montags? Nee, da bin ich nicht an der Uni“ – „Dienstags? Oh nee, da kann ich nur bis 12, dann muss ich arbeiten.“ – „Mittwochs? Also vor 16 Uhr geht das aber nicht.“ – „Donnerstags? Nee, also, da hat die Katze meiner Cousine 3. Grades Geburtstag, da muss ich hin!“ – „Freitags? Nene, also am Donnerstagabend fahre ich schon nach Hause, vor Montag bin ich auch nicht zurück.“ Das ist anstrengend, ein bisschen lächerlich und ganz viel blöd. - Kinder? Wer hat hier Kinder?
Nur sehr wenige andere Studenten wissen, dass ich (schon?) Kinder hab. Es ist einfach nichts, das ich an die große Glocke hänge und tut ja an sich auch nichts zur Sache. - Arbeiten, am besten abends!
Abends bin ich am Produktivsten, das passt ganz gut dazu, dass ich auch nur abends etwas tun kann. Meist ist es dennoch schwierig, weil ich mich dann vertiefen und bis spät in die Nacht arbeiten kann – der Wecker oder die Kinder sind trotzdem pünktlich. - Auslangssemester? Ein Traum ohne Chance.
Mittlerweile, heißt es, ist ein Auslandssemester im Grunde Pflicht für eine gute Reputation – ich werde ohne auskommen müssen, weil das organisatorisch, emotional und überhaupt einfach nicht ginge. Schade, aber ich weiß auch, wofür ich das Opfer bringe. - Kurzfristig? Ein no-go.
Manchmal finden Kompaktseminare kurz nach der 1. Besprechung statt und die Prüfungsleistung (Hausarbeit, Referat) wird sehr kurzfristig fällig – da muss ich dann aussteigen, weil das i.d.R. einfach nicht funktionieren kann. - Organisation ist alles – AL.LES!
Um Studium und 3 Kinder erfolgreich zu managen, ohne dass auf lange Sicht etwas „unter den Tisch“ fällt, muss ich gut organisiert sein und auch nach einem langen Tag nochmal an den Schreibtisch, um die To-Do-Liste kürzer werden zu lassen. Ansonsten fehlt die (nicht) geleistete Arbeit an anderer Stelle und erfordert wieder eine Nachtschicht oder ähnliches. - Typisch Student? Von wegen!
Studenten sagt man nach faul zu sein, ständig Party zu machen und ein lockeres Leben zu haben. Studieren mit 3 Kindern ist alles, nur ganz sicher nicht „typisch“. Ich hab 2 Vollzeitjobs, die beide ihren Tribut fordern. Dazwischen jongliert auch noch der Manns seinen Job und überhaupt – easypeasy ist anders. Wirklich! - Durchwachte Nächte – Party im Schlafzimmer, statt im Club
Meist läuft das mit den Kindern dennoch ganz gut. Manchmal aber findet auch im Schlafzimmer eine Party statt und die Nacht wird kurz. Der Kleine hat Hunger oder zahnt oder kommt einfach generell nicht zur Ruhe, die Mittlere kämpft mit der Decke, findet ihre Trinkflasche nicht oder hat schlecht geträumt, der Großen ist übel und sie übergibt sich, oder einer der beiden Jüngsten findet, dass der Tag auch mal um 3.30 Uhr beginnen kann. In Seminaren dann nicht einzuschlafen ist eine kleine Höchstleistung. Und Party im Club? Nein Danke, ich bin froh um jede Minute Schlaf! - Kinder im Studium? Jederzeit wieder!
Trotzdem würde ich es jederzeit wieder genauso machen. Auch wenn studieren mit Kindern anstrengend(er) ist, werde ich nie wieder so flexibel sein, wie ich es jetzt bin. Ich kann zuhause bleiben, wenn eins der Kinder mal krank ist oder sonst irgendwas ansteht, im Job ist das einfach nochmal ganz anders und meistens viel schwieriger.
Mal im Ernst: Studieren mit Kind ist möglich. Studieren mit mehreren Kindern übrigens auch. Es ist nicht einfach und natürlich sind da andere Hürden, die genommen werden müssen. Natürlich wäre es einfacher, wenn Anwesenheitspflichten flexibler und die Abgabe- und Klausurtermine nicht ganz so starr wären – na klar – aber es ist auch im starren System möglich, obwohl es oftmals viel Kraft und den ein oder anderen Umweg (Stichwort „Regelstudienzeit“ haha) fordert.
Deshalb kann ich jedem Elter, das mich fragt, ob ich es wieder tun würde, mit einem ehrlichen JA antworten. Würde ich. Unbedingt. Aber ich würde auch von vorneherein mehr Zeit einplanen. 6 Semester sind, je nach Lebenssituation, sehr, sehr stramm geplant.
UND DU?
Studieren mit Kind – hast Du? Willst Du? Willst Du nicht?
Andere studierende Eltern:
- Alu von grosseköpfe studiert Zukunftsforschung und hat 3 Kinder.
- Nina studiert Medizin und hat zwei Kinder.
- Priska studiert nebenberuflich Theologie und ist Mutter von 3 Töchtern.
- Tina steht kurz vor ihrem Abschluss, hat aber bis dato mit Baby bzw. Kleinkind BWL studiert.
- … und so viele mehr.
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