Letzte Woche hat für Lotte die Eingewöhnung im Montessori Kinderhaus begonnen. Im Vorfeld fühlte ich mich mit dem Gedanken sehr wohl: auch wenn Lotte erst 2 Jahre und 3 Monate alt ist, bin ich überzeugt davon, dass sie absolut so weit ist. Sie ist ein Kind mit viel Energie, sie braucht Beschäftigung, die Möglichkeit sich auszupowern und Neues zu lernen. In dem Umfang kann ich ihr das zuhause einfach nicht bieten.

Ich machte für sie keine große Sache draus, habe sie aber dennoch immer mal wieder drauf vorbereitet, in dem ich vom Kinderhaus sprach und ihr sagte, dass wir Dienstag wieder hingehen. Da sie die Schnuppertage schon so toll fand, freute sie sich sehr und sprach von unterschiedlichen Dingen, die sie unbedingt wieder machen möchte.

Eingewöhnung Tag 1 – „Sprich mich nicht an!“

Um 9.30 Uhr sollten wir da sein und waren direkt ein Eckchen zu spät. Denn Lotte war müde, hatte schlechte Laune und eigentlich keine Lust auf gar nichts. Sie trödelte sehr und ließ sich auch nicht motivieren.

Im Kinderhaus angekommen nahm sich Andrea* ihrer an. Sie begrüßte Lotte freundlich, zeigte ihr ihr neues Fach, die Box wo die Wechselsachen rein kommen und nahm uns gleich die Windeln ab. Obwohl Lotte Andrea kennt und eigentlich mag, reagierte sie sehr zurückhaltend, schaute nur auf den Boden und verschränkte die Arme. Ein klares Zeichen für „Lass mich in Ruhe!“. Andrea zog sich zurück und schickte uns in den Gruppenraum, wo Carina* auf uns zu kam und Lotte anbot, sich in Ruhe umzusehnen und für ein Spielzeug zu entscheiden.

Lotte steuerte das Regal mit den Montessori-Materialen an und entschied sich für ein Sortierspiel, worin sie sich auch vertiefte. Carina blieb zwar in der Nähe, ließ uns aber weitestgehend alleine ankommen.

Eingewöhnung - das Montessori-Material

Lange Zeit hatten wir dafür aber nicht, dann kam auch schon ein Kind mit einer Triangel, klingelte und rief „In 5 Minuten wird aufgeräumt!“. Lotte machte sich gleich daran und räumte ihr Tablett weg.

Im folgenden Stuhlkreis guckte sie sich das Singen und Tanzen interessiert an, wollte aber nicht mitmachen.

Als es im Anschluss raus ging, war es Lotte zu wuselig. So viel Action gab es an den Schnuppertagen nicht, da viele Kinder in den Ferien oder auf Ausflügen waren. Draußen entschied sie sich schnell für die Matschanlage und vertiefte sich dort für ein Weilchen. Die anderen Kinder fand sie spannend, konnte aber nur schwer davon ablassen, wenn jemand ein Spielzeug hatte, welches sie jetzt haben wollte.

Um 11.30 Uhr wurde zum Aufräumen und anschließendem Mittagessen aufgerufen, was für uns das Stichwort zum Gehen war.
Nach dem 1. Tag der Eingewöhnung hat sie zuhause dreieinhalb Stunden Mittagsschlaf gehalten. So lange schläft sie sonst nie!

Eingewöhnung Tag 2 – „Mit Dir rede ich nicht!“

Lotte malt

Am 2. Tag der Eingewöhnung war Lotte deutlich besser gelaunt, obwohl wir morgens sehr hetzen mussten. Sie wollte unbedingt zu Fuß zum Kinderhaus gehen, trödelte aber sowohl im Vorfeld, als auch unterwegs sehr, sodass wir fast zu spät gewesen wären.

Im Kinderhaus angekommen klemmte Lotte ihre Klammer an den Igel und ging in den Gruppenraum. Wieder nahm sich Carina ihrer an und ließ sie ein Spiel wählen. Lotte antwortete ihr auf ihre Fragen zwar nicht eindeutig, reagierte aber auf Vorschläge oder Tipps und schaute sie immer wieder offen an.
Carina gab sich viel Mühe, sprach viel mit Lotte und Lotte ließ sie Stück für Stück an sich heran.

Am Ende gingen wir in die Malecke – Lotte klemmte vorher ihre Klammer an die entsprechende Stelle der Tafel – wo ich mich fast ganz raushalten konnte. Lotte verlangte nicht mehr nach nur meinem Support und ließ sich auch von Carina helfen.

Ein bisschen beeindruckt hat mich, dass sie viele Prinzipien im Kinderhaus direkt verstanden und umgesetzt hat. Zum Beispiel, dass immer erst das bespielte Spielzeug weggeräumt wird, bevor etwas Neues angefangen wird. Oder wie die Stifte sortiert sind und wie sie sie zurücklegen muss.

Eingewöhnung Tag 3 – „Ein bisschen reden geht.“

Als wir am 3. Tag der Eingewöhnung am Kinderhaus ankamen, klemmte Lotte ihre Klammer direkt routiniert an den Igel. Erst führte ihr Weg in den Gruppenraum, aber den verließ sie schnell und wollte malen. Mit zwei weiteren, größeren Kindern beschäftigte sie sich dort ein Weilchen, wollte dann zurück in den Gruppenraum, ließ sich unterwegs aber von der Auto-Ecke hinreißen, wo sie neben einem Jungen spielte.

Ich hielt mich eher im Hintergrund, war aber immer für sie greifbar, was sie auch ab und zu nutzte.

Später gingen wir runter in den Werkraum. Lotte vertiefte sich direkt in die Wasserfarben. Carina flüsterte mir zu, ich könne ja auch mal rausgehen und mir ist nicht ganz klar, ob sie das mit oder ohne Ankündigung für Lotte meinte. Da ich aber nicht einfach verschwinden mag, weil ich das falsch finde und denke, dass sie künftig dann ständig aufpassen würde, ob ich auch ja da bin, sagte ich ihr kurz Bescheid „Lotte? Ich geh‘ mal kurz raus, ich komme gleich wieder.„. Sie registrierte das kaum, Carina kommentierte das kurz mit „Ja bis gleich“.
Ungefähr 15 Minuten war ich vor der Tür, wo Lotte mich aber auch hätte sehen können, wenn sie denn drauf geachtet hätte. Ich beobachtete, wie sie plötzlich mit Carina sprach und ihr sagte, was sie machen möchte und was sie braucht. Faszinierend, dieser kleine Mensch. <3

Im anschließenden Stuhlkreis sang sie zwar nicht mit, tanzte aber zusammen mit einem Mädchen, als sie sie dazu aufforderte. Später kündigte Ramona* an, dass alle Kinder raus gingen, nannte dabei aber 4 Namen, die mit ihr ein Spiel spielen könnten. Die 4 Kinder gingen mit, Lotte stand entrüstet auf und lief hinterher. „Lotte auch Spiel spielen!“, sagte sie. Pamela* ermunterte sie, einfach zu fragen, ob das okay wäre und das war es dann auch.

Im kleinen Spielzimmer spielte die Gruppe dann also ein Spiel. Lotte wollte sich zwar erst nicht so recht mit in den Kreis setzen, aber als Ramona das Spiel auspackte, war sie direkt Feuer und Flamme. Ihre Konzentration darauf war nicht so ausgeprägt und sie packte immer wieder andere Spiele aus, aber wenn ihr Einsatz war, freute sie sich und machte mit. Sie fragte Ramona hinterher auch, ob sie noch ein Spiel spielen könnten und machte das dann auch.

Lotte spielt ein Spiel

Nachdem auch die Spiel-Gruppe raus ging, war Lotte auch hier viel zutraulicher. Sie spielte kurz mit einem anderen Eingewöhnungs-Mädchen, schlenderte dann über das Gelände und guckte anderen beim Spielen zu, während ich abseits stand und mich unterhielt.

Als es zum Essen läutete, wollte sie nicht gehen und unbedingt mit zu Mittag gegessen.

Eingewöhnung Tag 4 – „Lasst mich in Ruhe!“

Spiel- und Ruheraum

Am 4. Tag fanden wir einen gedeckten Frühstückstisch für alle im Gruppenraum vor, denn ein Kind feierte seinen Geburtstag. Die ganze Gruppe saß schon am Tisch und wir suchten uns noch schnell ein Plätzchen. Eigentlich hatte Lotte schon zuhause gefrühstückt und ich befürchtete, sie würde gar nicht sitzen bleiben wollen. Stattdessen hat sie Knäckebrot gegessen und sich selbst darum gekümmert es zu schmieren. Auch die vom Geburtstagskind mitgebrachten Cake Pops kamen bei ihr gut an.

Nach dem Frühstück ging der Großteil der Gruppe in den Garten, während das Geburtstagskind mit einigen Gästen und einer Erzieherin ins untere Geschoss ging, wo sie eine Party feierten.

Schon beim Umziehen in der Garderobe fing Lotte zu weinen an, als Carina sie ansprach, wo sie denn ihre Gummistiefel hätte. Auch jeder weitere Versuch der Kontaktaufnahme endete in Tränen.
Draußen klebte Lotte sehr an mir und ließ mich nicht aus den Augen. Sie wollte mit niemandem spielen, konnte sich selbst für nichts begeistern und kam entweder zu mir und wollte zum Kuscheln auf den Arm, oder schaute den anderen bei ihrem Tun zu. Kurz war sie begeistert, als ein Mädchen einen Regenwurm herumzeigte, aber als die Traube um sie zu groß wurde, kam sie wieder zurück zum kuscheln.

Ich weiß nicht, ob dieser Rückschritt an der kurzen Trennung gestern, oder an dem heute ganz anders verlaufenden Morgen lag. Aber jetzt genießen wir erstmal das Wochenende und nächste Woche will ich es lieber nochmal ganz langsam angehen. Wir müssen uns ja nicht beeilen.

Eingewöhnung Tag 5 – „Ich mache was ICH will!“

Als wir am Montag ins Kinderhaus kamen, war Lotte erstaunlich offen. Sie suchte sich gezielt Material aus, mit dem sie sich beschäftigte. Carinas Hilfe nahm sie manchmal an, ab und zu verlangte sie aber auch deutlich nach Mama. Sie sortierte Meerestiere in eine Schachtel, hängte Blumen und Blätter an Äste, steckte Schachteln ineinander und ging zuletzt in den Wuselraum, wo sie auf dem Pikler-Dreieck und mit der Kugelbahn Spaß hatte.

Im Stuhlkreis war sie wenig kooperativ, wandte sich immer wieder den Regalen hinter ihr zu, hampelte auf dem Stuhl herum und legte sich zuletzt in die Mitte, wo sie hin und her kroch und sich drehte. Andrea bemerkte „Oh, sie kommt langsam an!“.

Das zeigte sie auch draußen: Wie sie eigentlich ist. Lotte ist kein ruhiges Kind, das einfach nur die Arme verschränkt, wenn es etwas nicht will. Sie hat einen starken Willen, den sie natürlich auch durchsetzen will. Oft laut kreischend, um sich schlagend und ausufernd. Das hat sie heute immer wieder gezeigt.

der Wuselraum - mit Pikler-Dreieck und Kugelbahn

Auf dem Weg runter zu den Schaukeln, schlug Carina mir leise vor, ich solle doch oben bleiben und gucken, wie sie reagiert. Das wollte ich aber nicht, weil sie sich darauf verlassen hat, dass ich direkt hinter ihr bin. Außerdem möchte ich es langsam angehen lassen und Lotte Zeit geben, dort anzukommen.

Als es gegen 11.30 Uhr nach Hause ging, war ich mir nicht sicher, ob sie die Strecke gelaufen bekommt, weil sie plötzlich sehr müde war und nur noch kuscheln wollte. Am Ende hat sie es aber doch geschafft (Den Zug unter der Brücke durchfahren zu sehen ist immer die Motivation schlechthin.), aß noch einen Snack und fiel dann ins Bett.

* Die Namen entsprechen nicht den echten Namen der Erzieherinnen.