Über eineinhalb Jahre hatten wir 2 Wickelkinder im Haus und ich hab mich ab und zu gefragt, wann Lotte so weit sein wird Windelfrei zu werden. Auch von außen hörte ich immer öfter, dass wir sie doch nur ein bisschen trainieren müssten und ich mich dahinter klemmen sollte, damit das Thema endlich vom Tisch sei. Aber das wollte ich nicht. Mein Kind ist kein Hund, der Stubenrein werden soll. Es lernt die Dinge in seinem eigenen Tempo und diese Zeit wollte ich meiner Tochter lassen.
Windelfrei mit drei – ist das nicht spät?
Immer wieder wurde ich gefragt, wie weit wir mit dem trocken und/oder sauber werden seien. Ob Lotte nicht schon zu groß für Windeln ist. Und ob ich dahingehend denn gar nichts unternehmen würde, sonst würde sie noch in der Schule eine Windel tragen.
Ich weiß gar nicht, woher die Leute die Berechtigung nehmen, diese Fragen zu stellen. Zum einen wickeln ja nun mein Mann und ich unsere Kinder, sodass Fremde dieses Thema überhaupt nicht tangiert. Zum anderen fragen oft wildfremde Leute. Im Supermarkt oder die Schwester im Krankenhaus. Für die ist mir das Thema ein viel zu privates und persönliches.
Ich hab jedenfalls versucht nicht all zu genervt zu klingen, wenn ich „Wir lassen ihr die Zeit, die sie dafür braucht…“ antwortete. Denn genau das taten wir: Ihr die Zeit lassen, die sie für diesen Reifeprozess braucht.
Wie war das beim 1. Kind?
Bei Nina hatte ich damals schon ein wenig Sorge, ob ich das jemals schaffen würde, sie Windelfrei zu bekommen. Im Kopf hatte ich noch den Ablauf, wie es bei meinen Brüdern war, dass meine Stiefmutter sie ständig auf Töpfchen zwang und sie ewig dort sitzen mussten. Trotzdem war einer mit 4 immer noch nicht trocken, der andere brauchte dafür sogar bis kurz vor die Einschulung. Und ich wusste noch, welchen Druck Verwandte und Bekannte ihr machten, dass sie ihn doch endlich erziehen und das in den Griff bekommen solle.
Bei Nina war das dann aber ganz einfach und sie trug von einem Tag auf den nächsten keine Windel mehr. Es war mehr Zufall, als sie das erste Mal bewusst auf die Toilette ging und danach wollte sie einfach keine Windel mehr. Auch nachts war es eine Woche später soweit. Ich war damals wirklich überrascht, dass es so einfach gehen kann, hatte ich doch einen regelrechten Kampf erwartet. Und da war sie grad mal etwas über 2,5 Jahre alt!
Deshalb machte ich mir bei Lotte überhaupt keinen Stress und vertraute darauf, dass es irgendwann soweit sein würde. Klar wäre ich froh gewesen, wenn zumindest ein Wickelkind weggefallen wäre. Ganz davon ab, was das für den Hausmüll bedeutet und welche Kosten das Tragen von Windeln mit sich bringt. Aber als ich mich mit dem Thema befasst habe, stellte ich schnell fest, dass ein Training nichts bringen würde. Das Kontrollieren von Blase und Stuhlgang ist ein Reifeprozess im Gehirn, wenn der noch nicht vonstatten ging, kann ich trainieren wie viel ich will, ohne dass es einen Erfolg mit sich bringen würde.
Windelfrei mit unter 3 – ein erster Test
In den Osterferien vor Lottes 3. Geburtstag hatten wir einen spontanen, ersten Testlauf. Lotte verabscheute das Wickeln so abgrundtief und wehrte sich mit Händen und Füßen. So auch an diesem Vormittag. Sie wollte und wollte nicht gewickelt werden, obwohl sie noch die Nachtwindel trug. Da sie aber sehr empfindliche, zu Entzündungen neigende Haut hat, wollte ich sie nicht länger dem Nassen aussetzen. Also schlug ich ihr vor, wir würden die Windel ausziehen und einfach eine Unterhose anziehen. Damit es nicht wieder so nass würde, könnte sie ja Bescheid sagen, wenn sie auf Toilette muss. Lotte war direkt begeistert von der Idee und sprach davon, dass sie dann wie die anderen Kinder im Kinderhaus keine Windel mehr tragen würde und zu den Großen gehörte.
Bis Nachmittags gab es aber unzählige nasse Hosen. Und selbst als ich sie initiativ öfter auf Toilette setzte, wurde die Hose wenige Minuten später wieder nass. Sie hat nicht registriert, geschweige denn konnte sie kontrollieren, wann sie musste. Das war eindeutig: Lotte war überhaupt noch nicht so weit die Windel wegzulassen. Mit Windelfrei würde das so bald nichts werden.
Da sie aber auch den Rest des Tages keine Lust auf eine Windel hatte, zog ich sie auch weiterhin spätestens im 30-Minuten-Takt um, versuchte die richtige Zeit abzupassen, um sie auf die Toilette zu bitten und wischte eben viel. Sehr viel.
Abends ließ sie sich die Nachtwindel ohne Probleme anlegen und auch am nächsten Tag sagte sie, sie wolle keine Unterhosen anziehen und ließ sich wickeln.
Windelfrei mit 3 – der zweite Anlauf
Als Lotte in den Sommerferien morgens plötzlich einen Wutanfall hatte und mir im Anschluss sagte, sie wolle keine Windel mehr anziehen, stellte ich mich wieder auf einen sehr nassen Tag ein. Immerhin hatte ich aus der Erfahrung in den Osterferien gelernt und viel mehr Unterhosen zum Wechseln bevorratet, damit ich nicht wieder dringlich vor dem Trockner auf eine frisch gewaschene Ladung warten müsste.
Lotte war guter Dinge, fand die neue Unterwäsche ganz toll und war auch begeistert, dass der Body endlich weg konnte. Wir verbrachten sehr viel Zeit auf der Toilette und blieben den Tag über drinnen, weil ich kein Töpfchen da hatte und ihr die Gästetoilette im Erdgeschoss Angst machte (Eine Praktikantin hatte sie im Kinderhaus wohl mal drauf gesetzt, wo sie aber reingefallen ist. Seitdem wollte sie auf kein WC ohne Kinderaufsatz.).
Ich war völlig baff, wie gut es diesmal lief. Über den Tag hatte sie nur wenige Unfälle (vergleichsweise…) und abends kündigte sie an, nie wieder eine Windel anzuziehen. Auch am nächsten Morgen blieb sie bei den Unterhosen und verbrachte viel Zeit auf der Toilette.
Was allerdings anfangs nicht geklappt hat, war der kontrollierte Stuhlgang. Zwar wollte sie es unbedingt, konnte aber nicht loslassen. Da das auch nicht in die Hose ging, hatte sie teilweise mehrere Tage keinen Stuhlgang, sodass ich ihr angeboten habe, dafür die Windel anzuziehen. Und siehe da: Es klappte. Ein paar Tage sagte sie Bescheid und wir zogen ihr die Windel an, dann klappte es plötzlich auch in die Toilette und seitdem läuft es gut.
von Tag zu Tag besser
Tatsächlich wurde es von Tag zu Tag besser. Sie konnte zeitiger Bescheid sagen, wenn sie auf Toilette musste und bald auch kurz einhalten. Während sie am Montag noch ständig auf der Toilette saß, waren die Abstände am Freitag schon deutlich größer. Wir konnten zwischenzeitlich sogar raus gehen (ich hatte dafür ein Töpfchen besorgt) und auch Einkaufen war drin. WOW!
Zudem hatte Lotte überhaupt keine Lust mehr tagsüber eine Windel anzuziehen. Nachts und zum Mittagsschlaf war das aber noch okay für sie. In den Sommerferien waren wir ja zur Reha im Krankenhaus, wo sie 3 Tage Bettruhe hatte. Am ersten Tag, dem mit der strengen Bettruhe, trug sie ganztägig eine Windel und ich befürchtete, sie würde sie nicht mehr hergeben wollen. Aber das Gegenteil war der Fall. Sie freute sich am nächsten Tag, dass sie wieder Unterhosen tragen konnte.
Gute Tage – Schlechte Tage
Das ganze ist nun 3 Monate her. Seitdem gibt es gute, wie auch schlechte Tage. An den sehr guten gibt es gar keine Unfälle. An den sehr schlechten wechseln wir den Kleiderschrank leer. Auch im Kinderhaus hat sie eine ordentliche Wechselgarderobe und dennoch musste sie kürzlich Kleidung des Kinderhauses leihen. Aber was zählt ist, dass sie das wirklich will. Wenn wir längere Fahrten vor uns haben, frage ich sie schon mal, ob sie lieber eine Höschen-Windel hätte, aber das verneint sie vehement und besteht darauf, dass sie jetzt groß ist und keine mehr braucht.
Mittags traute ich mich das übrigens noch nicht so recht, bis Lotte mal in ihr Zimmer ging, sich in ihr Bett kuschelte, einfach eingeschlafen ist und ebenso trocken wieder aufwachte. Im Kinderhaus konnten wir die Windeln komplett wegräumen, da sie dort auch die Mittagsruhe ohne Probleme übersteht. Allerdings schläft sie auch nicht mehr.
Nachts besteht sie nach wie vor auf ihre Windel. Mal sagt sie, sie möchte es ohne probieren, aber sobald es ins Bett geht, möchte sie sie doch noch haben. Und das gestehen wir ihr zu. Solange sie das selbst nicht will, wird es sowieso nicht klappen.
Zuletzt sind wir nachts auf Höschen-Windeln umgestiegen, sodass sie sie selbst anziehen kann und gar nicht mehr auf den Wickeltisch muss. Ich bin gespannt, wann sie soweit sein wird, ganz Windelfrei zu sein und auch nachts ohne auszukommen.
Insgesamt bin ich froh, dass wir auf ihren Startschuss gewartet haben und nicht irgendwie trainierten. Zumal ich mir sicher bin, dass Lotte sowas sowieso nicht zulassen würde. Sie hat einen starken Willen und wenn es nicht von ihr käme, würde sie es sich auch nicht einreden lassen. Und das ist gut so!
Wie sind Eure Erfahrungen beim Thema Windelfrei? Habt Ihr mit Euren Kindern trainiert, oder klappte es „einfach so“?
Hinterlasse einen Kommentar